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444 Kartengrüße aus
dem alten Bielefeld

Sammler Herbert Kölsch will ein Buch veröffentlichen

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). 4700 Ansichtskarten mit Bielefeld-Motiven hat Herbert Kölsch (68) inzwischen gesammelt. Im Herbst will er einen Teil davon in einem Bildband veröffentlichen. Voraussichtlicher Titel: »444 Grüße aus Bielefeld«.

Sie sind gezeichnet, fotografiert, montiert, koloriert oder in ein kunstvoll gestaltetes Passepartout gefasst: die Bielefelder Bildpostkarten aus der Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Und sie zeigen ein Bielefeld, das so längst nicht mehr existiert. Der baumbewachsene Kaiser-Wilhelm-Platz, heute der Kesselbrink, der Schillerplatz, an den sich das Rathaus und das Theater anschlossen, und der Jahnplatz mit den alten, ehrwürdigen Bank- und Geschäftshäusern.
»Ich selbst stamme aus dem Rheinland«, erzählt Herbert Kölsch. Als »Zugezogener« begann der Innenarchitekt und Designer vor mehr als 30 Jahren die Karten zu sammeln. »Ich wollte für mich ein Puzzle von Bielefeld zusammenstellen.« Dass dieses Puzzle einmal aus tausenden Teilen - Ansichtskarten - bestehen würde, hätte er anfangs selbst nicht für möglich gehalten.
Doch längst ist aus dem Hobby eine echte Passion geworden. Kölsch besucht Auktionen in Hamburg, Berlin und München und lässt sich Karten zur Auswahl ins Haus schicken. Einzelne Exemplare können bis zu 60 Euro kosten. »Besonders selten sind Ansichten einzelner Straßen und Gaststätten«, sagt der Experte.
Daheim in Kirchdornberg sind alle Bildpostkarten in Alben aufbewahrt, wohlsortiert nach der Art der Ansicht: Sparrenburg, Johannisberg, Alter Markt, Theater und Rathaus nehmen reichlich Platz ein. Kölsch besitzt aber auch zahlreiche Karten aus den Stadtteilen, von Windelsbleiche bis Dornberg. Zu sehen sind ferner Bäder und Krankenhäuser.
Mit der Lupe geht der Sammler oft auf die Suche nach Details. »Man ist erstaunt, wie fein die Karten teilweise gearbeitet sind.« Zu Beginn des 20. Jahrhunderts. waren viele Ansichtskartensammler in eigenen Vereinen organisiert, und die Bildpostkarten brachten die große Welt ins Heim und waren weit verbreitet.
Auch den postalischen Finessen spürt Kölsch nach. »Früher hatten die Karten einen Ausgangs- und einen Eingangsstempel«, erzählt er. Daran konnte man sehen, dass die Karten etwa von Bielefeld innerhalb eines Tages nach Berlin gelangten und damit eigentlich nicht langsamer unterwegs waren als heute. Und dass in der »guten alten Zeit« die Post viermal am Tag ausgetragen wurde, ist heutzutage kaum noch vorstellbar.
In dem Buch, das im Herbst veröffentlicht werden soll, sind sämtliche abgebildeten Bildpostkarten mit kurzen Erklärungstexten versehen, für die Kölsch zum Teil aufwendige Recherchen angestellt hat. »Alles soll so exakt wie möglich sein.« Das Gros der Postkarten stammt aus der Zeit der Jahrhundertwende, einige auch aus späteren Jahrzehnten. Aber je jünger die Karten, desto einfallsloser seien sie oft, meint der Kenner. Seine Auswahl ist (fast) getroffen. »Einzelne Änderungen nehme ich noch vor.«
In seiner Sammlung finden sich auch wahre Raritäten. Die älteste Karte in seinem Besitz war 1886 versandt worden. Und Kölsch zeigt stolz eine Karte, die ein gewisser Dr. August Oetker aus der Aschoff'schen Engel-Apotheke an der Niedernstraße an einen Kunden versandte, um ihm darauf ein Angebot zu unterbreiten.

Artikel vom 03.02.2006