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Eine Legende wird wieder lebendig

»Walk the Line« - Filmbiographie des Country-Stars Johnny Cash


Man muss kein Fan von Johnny Cash sein, um die Filmbiographie »Walk the Line« zu mögen, aber es hilft natürlich. Joaquin Phoenix (31) spielt und singt den Außenseiter unter Amerikas Country-Sängern so überzeugend, dass er als Anwärter auf den »Oscar« gehandelt wird.
Regisseur James Mangold beschränkt sich auf die Kindheit und die frühe Karriere des 2003 verstorbenen Stars. 136 Minuten pralles Kino: amerikanische Musikgeschichte, das Leben eines von Drogen und den Härten des Business gezeichneten Mannes - und vor allem eine Liebesgeschichte.
Johnny Cash und June Carter, die seine zweite Frau wurde, lernten sich hinter der Bühne kennen - angeblich, als sie sich in seiner Gitarre verhedderte - und verbrachten 40 Jahre gemeinsam. Als June 2003 nach einer Herzoperation starb, folgte Cash ihr nur wenige Monate später. Die im Film erzählte Liebesgeschichte ist authentisch, wie Phoenix versichert, der das Paar bei einem Essen kennenlernte. »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen - es war außergewöhnlich.«
Für seine Rolle las der 31-Jährige (»Gladiator«) die beiden Cash-Autobiographien, hörte jede Menge Platten und nahm Stunden bei einem Gesangslehrer, der ihm beibrachte, immer noch einen Ton tiefer zu landen, als man es für möglich hält. Phoenix singt zwar kernig wie der »Man in Black«, genauso aussehen oder klingen wie Johnny Cash will er aber nicht. Im Film, der 1968 endet, porträtiert Phoenix Cash als einen Mann, der noch sucht - nach der richtigen Musik, nach dem Glück.
Eine der schmerzlichsten Szenen zeigt, wie Johnny Cash zu Hause Bilder seiner Bühnenpartnerin June Carter an die Wände nageln will und damit seine erste Frau Vivian (Ginnifer Goodwin) und die Kinder in die Flucht schlägt. Ob beim legendären Auftritt vor johlenden Häftlingen im Gefängnis oder beim Duett »Jackson«: Der Film ist voller starker Momente. Er beginnt in den Südstaaten zur Zeit der großen Depression und zeigt auch, wie Cash seinen Bruder bei einem Unfall verliert.
Reese Witherspoon (»Sweet Home Alabama«) in der Rolle der June zeigt, dass sie mehr kann als Komödien. Mit Joaquin Phoenix spielt und singt sie auf Augenhöhe.

Artikel vom 02.02.2006