01.02.2006
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30. Januar zu den neuen
Arbeitslosenzahlen »Auf den ersten Blick kein Grund zum Jubeln.«
Schwer drückt diese
Hypothek
Von Rolf Dressler
Na dann, die Stimmungslage in der deutschen Wirtschaft hellt sich mehr und mehr auf. Spürbar bessere Geschäfte machen nicht nur Industrie und Dienstleistungsbetriebe, sondern nach einer quälend langen Durststrecke in Maßen selbst der Einzelhandel und die ebenfalls besonders schwer gebeutelte Baubranche. Das immerhin ist die aktuelle Botschaft der Beobachter vom Ifo-Institut. Deshalb ist diese gute Nachricht auch in der heutigen Ausgabe dieser Zeitung nachzulesen.
Doch zugleich bescherte dieser 31. Januar 2006 Land und Leuten düstere Zahlen, hinter denen sich - man muss das immer wieder neu ins Bewusstsein rufen - ungezählte, sehr persönliche und familiäre Einzelschicksale verbergen.
Um sage und schreibe 408
Keinem von ihnen dürften die durchaus ermutigenden Konjunkturzeichen der Wirtschaftsforscher daher ein Trost sein. Umso weniger auch deshalb, weil die Reflexe der Politikschaffenden und Interessenverbandsoberen praktisch jeder Einfärbung verlegen blass und einfallslos hölzern wirken wie eh und je. Es ist schon wieder mal beschämend inhaltsleere Phrasenzeit:
Anstatt »Wohlfühlstimmung« zu verbreiten, verharre die Regierung der großen Koalition angeblich »im Winterschlaf«, tönt der allfällige Rainer Brüderle namens der FDP. Und ver.di.-Chef Franz Bsirske sieht Schwarz-Rot gar schon jetzt rundum »gescheitert«. Was CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, wenig originell, mit der Bemerkung zu kontern versucht, dass sich der rasante Abbau so- zialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse doch immerhin »verlangsamt« habe.
Querbeet - das ist der fatale Eindruck - werden noch immer viel zu dünne Bretter gebohrt. Ja, es hat den Anschein, dass sich die Verantwortlichen mit dem 5-Millionen-Dauer-»Sockel« der Massenarbeitslosigkeit in Deutschland wenn nicht abgefunden, so doch mangels Ideen irgendwie arrangiert haben.
Was mögen diese fünf Millionen und die mindestens noch einmal zehn Millionen (!) mittelbar Mitbetroffenen wohl empfinden, wenn Arbeitsagentur-Chef Frank-Jürgen Weise der Mitwelt unverdrossen verkündet, »der Trend« an sich und als solcher bleibe trotz allem »weiter positiv«?
Denn leider wahr ist: Verlierer sind vor allem die Langzeitarbeitslosen, die Arbeitslosen mittleren Alters und die zudem oft noch jungen Opfer der verunglückten Hartz-Reformen.
Nur, wer schafft es, diese enor- me Hypothek abzutragen?
Artikel vom 01.02.2006