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Bastelfreak mit Geduld und filigraner Technik

Hans-Dieter Scholz baut historische Schiffsmodelle

Von Peter Monke (Text und Fotos)
Brackwede (WB). Sie heißen »Roter Löwe«, »Orenoque« oder »Atlantische Karacke« - historische Schiffe, die Hans-Dieter Scholz, Kriminalhauptkommissar i.R., im Maßstab 1:54 bis 1:100 in seiner Freizeit nachbaut. Etwa 900 Stunden Arbeit stecken allein in einem Modell.

Da ist vor allem Geduld gefragt. »Man muss ein Bastelfreak sein, sonst kriegt man so etwas nie fertig«, sagt Scholz und lacht vergnügt. Schon das richtige Lesen des riesigen Bauplans ist eine Wissenschaft für sich. Hunderte von Einzelteilen sind hier vermerkt, die aus dem mitgelieferten Holz des Bausatzes gefertigt werden müssen. Alles beginnt mit dem Kiel und diversen Segmenten, die dem Schiff als Grundgerüst zunächst seine spätere Bauchform geben. Anschließend werden die Schiffsdecks und die erste Beplankung eingeleimt. Da die Planken der Außenwand entsprechend der Bauchform gebogen werden müssen, ist jedes einzelne Holz mit feinen Nägeln solange zu fixieren, bis der Leim trocken und ausgehärtet ist. »Pro Schiff sind das etwa 1000 Nägel, die ich reinschlagen und wieder rausziehen muss«, erzählt Scholz.
Es folgt die zweite Beplankung, die dem Rumpf des Schiffes durch die Wahl verschiedenfarbiger Hölzer oder einen entsprechenden Anstrich sein späteres Aussehen gibt. Erst dann können die Deck-Aufbauten beginnen. »Am frickeligsten ist die Besegelung«, sagt Scholz.
Liebevoll achtet der 65-Jährige auf kleinste Details, um dem Modell ein möglichst realistisches Aussehen zu geben: Taue werden zur Befestigung stets stilecht miteinander verdrillt - »Knoten gibt es bei mir nicht«. In den Rettungsbooten des Schiffes liegen kleine Miniaturpaddel, der Anker hängt an einer feinen goldenen Kette und über dem Eingang zur Kajüte des Kapitäns finden sich kleine, filigran per Hand ausgemalte Wappen, die eine genaue Auskunft darüber geben, unter wessen Hoheitsrechten das Schiff segelt.
Für seine Arbeit benutzt Scholz dabei ganz normales Werkzeug, das sich in jedem gut sortierten Werkzeugkasten findet: »Ein paar scharfe Messer, einen Bohrer, viel Schleifpapier und natürlich Sekundenkleber.« Daneben kennt er mittlerweile aber auch eine Reihe Tricks und Kniffe, die man sich beim Bau des Modells erst nach und nach aneignet. »Irgendwann hat mir ein Händler mal erzählt, dass es gut formbares Biegeholz gibt. Vorher bin ich bei Arbeiten mit starken Krümmungen fast verrückt geworden.« Ebenso kriege man erst mit der Zeit raus, welcher Leim der richtige ist.
Gebastelt wird im Hause Scholz nur im Winter bei schlechtem Wetter. »Schließlich habe ich auch noch mein Trecking-Rad und einen kleinen Garten«. Länger als drei Stunden am Stück sitzt Scholz nur selten an einem seiner Schiffe. »Ich will zwar nachher immer einen Fortschritt sehen, aber bevor man anfängt zu pfuschen, sollte man lieber aufhören.« So dauert es ganze zwei Winter, bis ein Modell fertig ist.
Platzprobleme hat Scholz trotzdem schon. »Meine Frau ist nicht gerade begeistert, wenn ich wieder ein neues Schiff baue, auch wenn sie bisher noch jedes Modell mit der Zeit lieb gewonnen hat.« Sorgen bereitet ihm außerdem der Staub, der sich ständig selbst in die feinsten Ritzen seiner Modelle legt und dem er daher regelmäßig mit Fön und Pinsel bewaffnet zu Leibe rücken muss.
»Der schwierigste Moment ist immer dann erreicht, wenn man gerade fertig geworden ist«, sagt Scholz. »Natürlich ist man auch ein wenig stolz - es überwiegt jedoch die Traurigkeit und man stellt sich die Frage, was man als nächstes macht.« Ein Schiff bauen, zum Beispiel. Reizvolle Modelle hat der Kriminalhauptkommissar i.R. genug vor Augen. »Vielleicht wird es die Fregatte ÝFriedrich Wilhelm zu PferdeÜ, aber das überleg ich mir noch.«

Artikel vom 02.02.2006