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Federer jagt Sampras
Der Schweizer Weltranglisten-Erste hat Chance auf den Grand Slam
Halle/Melbourne. Roger Federer hat seine Kindheitsidole hinter sich gelassen, Rod Laver begeistert und den Rekord von Pete Sampras vor Augen. Nach seinem siebten Sieg bei den letzten elf Grand-Slam-Turnieren wurde bereits darüber spekuliert, ob das Tennis-Genie aus der Schweiz mit der Aura des Unbesiegbaren eines Tages die einst für unantastbar gehaltene Sampras-Bestmarke von 14 Major-Titeln angreifen kann. »Ich würde jedenfalls nicht gegen ihn wetten«, sagte Australiens Tennis-Legende Rod Laver, der als einziger neben dem Amerikaner Don Budge (1938) alle vier Grand-Slam-Titel innerhalb eines Jahres gewinnen konnte (1962, 1969).
Nach Laver war nur noch Andre Agassi auf allen vier großen Tennis-Bühnen erfolgreich - wenngleich nicht innerhalb eines Jahres. Der Amerikaner ist mit acht Grand-Slam-Titeln auch der einzige noch aktive Spieler, der vor Federer rangiert. Besser als Boris Becker und Stefan Edberg, denen je sechs Triumphe gelangen, ist der Basler jetzt schon. »Ich habe meine Idole hinter mir gelassen. Das will etwas heißen«, meinte er stolz.
Der Weltranglisten-Erste wurde nach dem Gewinn der Australian Open förmlich dazu gezwungen, über einen möglichen Grand Slam nachzudenken. Doch er wiegelte ab: »Davon bin ich noch 21 Siege entfernt. Da kann noch viel passieren.« Er setzt sich lieber kleine Ziele. Der nächste Schritt wäre, die French Open zu gewinnen und damit den »Roger Slam« perfekt zu machen - aufeinander folgende Siege in Wimbledon, New York, Melbourne und Paris. »Das wäre fantastisch. Ich hoffe, ich bleibe gesund und bekomme die Chance, das zu schaffen.«
Die French Open sind das einzige der vier großen Turniere, das Federer nicht gewinnen konnte. Der Sandplatz-Coup geistert seit Jahren in seinem Kopf herum. »Natürlich weiß ich, welch eine Bedeutung ein Sieg in Paris für meine Karriere hätte. Es existiert ein gewisser Druck. Ich kann ihn jetzt schon spüren«, gab er zu, machte aber auch deutlich, dass Roland Garros nicht das Nonplusultra für ihn ist: »Wimbledon bleibt für mich das Turnier überhaupt.«
Da hält er es wie Pete Sampras, der mit dem kleinen Makel leben muss, nie in Paris gewonnen zu haben. Auch sonst gibt es erstaunlich viele Parallelen zum siebenmaligen Wimbledonsieger aus den USA, der inzwischen zwei Kinder hat und das Familienleben genießt. Wie Federer war Sampras 24 Jahre, als er seinen siebten großen Titel holte. Wie Federer ist Sampras zwei Mal Weltmeister geworden. Wie Federer hat er nacheinander die Masters-Turniere in Indian Wells und Miami gewonnen.
Die Geburtstage der beiden liegen nur vier Tage auseinander (Federer 8. August - Sampras 12. August). »Es ist ziemlich beängstigend, wenn ich das vergleiche«, sagte Federer. »Ich bin auf dem gleichen Weg, aber ich muss auch darauf bleiben.« Die »Neue Zürcher Zeitung« hegt daran jedenfalls keine Zweifel. Am Montag prophezeite das Blatt: »Bis auf weiteres spielt der Primus in diesem großen Theater im Kampf um den Besitzstand gegen sich selber.«

Artikel vom 04.02.2006