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Modehersteller treten den Rückzug an

Nur Brinkmann und Brax stehen weiter zum Messestandort Berlin -ÊMode verliert an Farbe

Von Bernhard Hertlein (Text)
und Oliver Schwabe (Fotos)
Berlin (WB). Nachts sind, so heißt es, die Katzen grau. In Berlin ist es die Mode. Das hat nicht nur etwas mit einem Trendwechsel in der Bekleidung zu tun. Genauso grau scheinen nämlich die Aussichten des Modemesse-Standorts Berlin.

Mit großen Ambitionen ist vor einem Jahr die »B in Berlin« gestartet. Nach dem Abschied von Köln fühlten sich die Hersteller von Herrenbekleidung bei der CPD in Düsseldorf immer stärker als bloßes Anhängsel der Damen-Modemesse. Dagegen hörte man Erstaunliches von der neuen Designer-Schau »Bread and Butter«. Die deutsche Hauptstadt kam in Mode. Die Herrenbekleidungs-Hersteller erkannten ihre Chance. Aber nicht bei allen zogen die Kunden in dem gewünschten Ausmaß mit.
Heute, ein Jahr später, hat die »B in Berlin« eine Zwillingsschwester bekommen. »Fifth Floor« heißt die Messe, auf der zeitgleich vom gestrigen Sonntag bis morgen, Dienstag, die Hersteller von Damenmode ausstellen. Zur Premiere ist eine Halle ausgebucht. Dagegen schrumpfte die Netto-Ausstellungsfläche für die »B in Berlin« von 15 000 auf 6000 Quadratmeter.
Die Ostwestfalen haben an dem Auszug aus den Berliner Messehallen besonderen Anteil. Ahlers, seit dem Frühjahr mit einer großen Dauerausstellung Untermieter bei Gerry Weber in der Düsseldorfer »Halle 29«, zog sich mit allen Marken (Pierre Cardin, Otto Kern, Jupiter, Eterna, Gin Tonic) aus Berlin zurück. Seidensticker zieht es vor, in eine Dauerpräsentation in Bielefeld zu investieren.
Als einzige Marke hält »Camel active« noch die Seidensticker-Flagge in Berlin hoch. Doch auch diese Tage sind gezählt. Geschäftsführer Eric Sperber erklärte gestern: »Wenn sich nicht noch überraschend neue starke Marken für Berlin entscheiden, sind wir das nächste Mal nicht mehr dabei.«
Als Präsident des Verbandes der deutschen Bekleidungsindustrie hat Klaus Brinkmann ein doppeltes Interesse an dem Messethema. Der Herforder Unternehmer gibt Berlin noch eine Chance bis zum heutigen Abend. Dann entscheide die Besucherzahl. Die Chancen stünden 50:50.
Brinkmann selbst war am ersten Tag mit dem Kundeninteresse sehr zufrieden. Dies gilt auch für den zweiten großen Herforder Bekleidungshersteller, Brax. Der geschäftsführende Gesellschafter Wolfgang Drewalowski warnt davor, in »typischer deutscher Manier« den letzten möglichen Standort für eine deutsche Herrenmode-Messe zu zerreden. Düsseldorf sei eine Ergänzung, aber keine Alternative für Berlin.
Gemessen an der Farbenfreude der vergangenen Saisons wirkt die neue Herbst-/Wintermode 2006/07 fast wie unter einem Tarnnetz.
Auf den Laufstegen in Berlin dominieren vor allem bei der Damenmode Braun, Grün, Bordeaux sowie immer wieder Schwarz und Grau.
Neben Caprihosen zeigten die Aussteller auffallend viele Tüllröcke. Mit hohen Schaftstiefeln lassen sie sich sogar an kalten Wintertagen tragen.

Artikel vom 30.01.2006