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Rumänin mit Flüchen und
Tiraden gegen »alle Polen«

Ohne Strafantrag bleiben Beleidigungen folgenlos


Bielefeld (uko). Die pure Ausländerfeindlichkeit schlug einer jungen Verkäuferin entgegen, bloß weil die Frau einen polnischstämmigen Namen trägt: Sie wurde aufs Übelste beleidigt. Urheberin der Schmähungen war ausgerechnet eine in Bielefeld lebende Rumänin. Aus formaljuristischen Gründen jedoch mußte das Verfahren gegen die Frau eingestellt werden.
Wutentbrannt suchte die Therapeutin Jelena Y. (33, alle Namen geändert) am 7. Februar 2005 die Vodaphone-Niederlassung an der Niedernstraße auf. Sie beschwerte sich lauthals über Service-Mängel, denn man habe ihr wenige Tage zuvor im Ausland das Funktelefon gesperrt. Grund der Maßnahme: Die Rumänin hatte über die vertragliche Bindung hinaus an nur drei Tagen mehr als 400 Euro vertelefoniert . . .
Die Therapeutin überschüttete das Personal mit Flüchen und schließlich auch mit schlimmsten obszönen Beleidigungen. Die Formulierung »deutsche A . . .« war noch eine der harmlosesten Bemerkungen. Als Jelena Y. dann auf das Namensschild der Verkäuferin Katharina F. (28) schaute, richtete sich ihr ganzer Zorn gegen die osteuropäischen Nachbarn: »Ich hasse alle Polen, weil es so ein dummes Volk ist«, ließ sich die Rumänin zu einem niederträchtigen Urteil herab, das schon zu Zeiten des Eisernen Vorhangs im Ostblock die Runde gemacht haben soll. Überdies soll die Rumänin die junge Verkäuferin bedroht haben.
Nach der Strafanzeige der Verkäuferin kam es jetzt zum Prozeß, in dem die Therapeutin ihr Verhalten mit der seinerzeit schwierigen Situation entschuldigen wollte: Die Trennung vom Partner, der Rausschmiß aus der Wohnung, ein Aufenthalt in der Psychiatrie hätten damals Spuren hinterlassen.
Allerdings machte ihr Verteidiger auch auf die Rücknahme des Strafantrags durch die Verkäuferin aufmerksam: Dies sei schon wenige Wochen nach dem Vorfall geschehen. In der Tat erklärte die Frau gestern vor dem Amtsgericht, sie habe damals nach einer Entschuldigung der Rumänin eingelenkt. Obendrein habe die Therapeutin zugesagt, ihr alle entstehen Kosten - für den Rechtsanwalt und die Gerichtskosten - zu ersetzen. Sie wolle »nur ihre Ruhe« haben, setzte Katharina F. nun hinzu, sie beharrte also nicht auf einer Bestrafung.
Weil die Staatsanwaltschaft seinerzeit vor Anklageerhebung »das öffentliche Interesse an einer weiteren Strafverfolgung« nicht ausdrücklich bejaht hatte, waren Amtsrichter Wolfgang Heimann nun juristisch die Hände gebunden. Heimann stellte das Verfahren gegen die Rumänin daher ein. Die Frau wird im Gegenzug alle Kosten des Verfahrens tragen und ist um eine Erfahrung reicher: Die von ihr so übel beleidigte Frau trägt zwar einen Namen polnischer Provenienz, besitzt aber seit ihrer Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft.

Artikel vom 28.01.2006