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Weniger Gehalt für 300 Aushilfen

ver.di: Stadt verhält sich tarifwidrig

Weist Anschuldigungen zurück: Kämmerer Franz-Josef Löseke

Bielefeld (MiS). Die Stadt Bielefeld lässt die Zeitverträge von rund 300 Beschäftigten auslaufen, entlässt sie für einen Monat und einen Tag in die Arbeitslosigkeit, um sie anschließend zu abgesenkten Gehältern wieder befristet einzustellen. Dieses Verhalten sei tarifwidrig und könne auch nicht durch das geltende Nothaushaltsrecht legitimiert werden, meint Holger Rottmann von der Gewerkschaft ver.di. Stadtkämmerer und Personaldezernent Franz-Josef Löseke weist die Vorwürfe als haltlos zurück. Der neue Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sei einvernehmlich zwischen den Tarifparteien geschlossen worden und schließe diese Möglichkeit ausdrücklich ein. Die Stadt sei angesichts ihrer katastrophalen Finanzlage auf alle Einsparmöglichkeiten angewiesen. Durch die Wiedereinstellung der Aushilfen zu geringerem Gehalt könnten jährlich 130 000 Euro eingespart werden.
Betroffen von der Regelung sind Beschäftigte in allen Bereichen der Stadtverwaltung - von der Reinigungskraft bis zum Sachbearbeiter. Die meisten Beschäftigungsverhältnisse auf Zeit, für die nun weniger gezahlt werden soll, bestehen im Bereich der Tageseinrichtungen für Kinder. Hier müssen rund 100 Erzieherinnen und Helferinnen Einbußen hinnehmen.
Eine Erzieherin, die etwa als Schwangerschaftvertretung eingestellt wurde, erhält bis zu 2430 Euro brutto im Monat. Nach der Zwangspause in der Arbeitslosigkeit müsse sie mit 2140 Euro auskommen, »obwohl sich an ihrer Berufserfahrung nichts geändert haben kann«, kritisiert Rottmann.
Die Praxis sei vom kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen (KAV) allen Kommunen mit entsprechenden Haushaltsproblemen empfohlen worden, betont dagegen der Kämmerer.
ver.di greift deshalb auch Oberbürgermeister Eberhard David direkt an. Als amtierender Vorsitzender des kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen nutze er die Situation der Aushilfen aus.
Im Rathaus wird zwar eingeräumt, dass die Betroffenen Einkommenseinbußen hinnehmen müssten. Jedoch sei es für die Stadt in der jetzigen Lage wichtig, bei Arbeitsverhältnissen auf Zeit möglichst schnell die neuen Tarifbestimmungen anwenden zu können. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst gilt seit Oktober 2005 und hat in den Kommunen den Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) abgelöst.

Artikel vom 28.01.2006