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Ohne Scheu auf die Menschen zugegangen

Bielefelder erinnern sich an ihre Begegnungen mit dem verstorbenen Alt-Bundespräsidenten


Bielefeld (bp/MiS). Johannes Rau ist auch vielen Menschen in Bielefeld begegnet - und hat einen nachhaltigen Eindruck bei ihnen hinterlassen. Pastor Friedrich Schophaus, Vorstandsvorsitzender der von Bodelschwinghschen Anstalten, erinnert sich gern an die Besuche von Johannes Rau in Bethel - einmal kam er als Bundespräsident: »Besonders in der Neuen Schmiede hatten alle Spaß - Rau hat einen Witz nach dem anderen gerissen, eine Anekdote nach der anderen erzählt. Und er ist ohne Scheu auf die Menschen zu gegangen.« Der enge Kontakt habe Bethel geholfen. So habe Rau unkompliziert das eine oder andere Grußwort geschrieben. Pastor Schophaus: »Johannes Rau hat das Evangelium gelebt.«
Bestürzt vom Tod Raus' zeigt sich Bielefelds SPD-Unterbezirksvorsitzende und Landtagsabgeordnete Helga Gießelmann. »Im Landtag, aber auch auf Parteitagen habe ich ihn als einen Menschen erlebt, der die Gabe hatte, alle ansprechen zu können.« Er habe Anteil am persönlichen Schicksal genommen. »Als ich frisch im Landtag war und erkrankte, schickte er Genesungswünsche.«
Die langjährige Bielefelder SPD-Bundestagsabgeordnete Elfriede Eilers berichtet davon, regelmäßig handgeschriebene Geburtstagsgrüße von Rau erhalten zu haben. »Der letzte zu meinem 85. Geburtstag war es nicht mehr. »Ich weiß jetzt, was Gesundheit bedeutet«, ließ Rau Elfriede Eilers wissen. Er habe schwere Wochen hinter sich. »Mit diesem Brief wurde mir klar, wie schlimm es um ihn stand.« Beide kannten sich bereits seit 1958. Auch der frühere SPD-Landtagsabgeordnete Heinz Hunger ist ein langjähriger Wegbegleiter Raus. Die Rolle des Landesvaters habe er ideal verkörpert. »Skat haben wir nie zusammen gespielt, aber oft ein Bier miteinander getrunken.«
Als großen Staatsmann würdigte Oberbürgermeister Eberhard David den Verstorbenen. Er habe Rau bei einem Staatsbesuch in Russland erlebt, der auch in die Bielefelder Partnerstadt Nowgorod geführt habe. »Nie war eine Distanz zwischen ihm und seinem Gesprächspartnern spürbar.«
Gesa Neuert (Deutsch-Japanische Gesellschaft) erinnert daran, dass Rau 1999, dem »Japanjahr in Deutschland«, auch Schirmherr des Japanischen Gartens in Bethel - damals noch in Planung - geworden sei. 2005 besuchten Rau und seine Frau Christina den Garten. Gesa Neuert: »Er gefiel ihm sichtlich.« Rau habe von seinem Staatsbesuch in Japan erzählt, davon, wie es beim Kaiserpaar »zu Hause« zugegangen sei.
Prof. Helmut Steiner, Vorsitzender der Universitätsgesellschaft, spricht von der großen Menschlichkeit Raus, der auch Ehrensenator der Universität Bielefeld war. Steiner: »Er hatte ein Gespür für soziale Gerechtigkeit«.

Artikel vom 28.01.2006