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Federer verliert die Fassung

Australian Open: Idol Rod Laver überreicht Schweizer den siebten Pokal

Melbourne (dpa). Magier Roger Federer hat Zauberlehrling Marcos Baghdatis im Finale der Australian Open in die Schranken gewiesen und war nach dem Gewinn seines siebten Grand-Slam-Titels in Tränen aufgelöst.

Der Weltranglistenerste aus der Schweiz blieb auch in seinem siebten großen Endspiel unbesiegt. Nach wackligem Beginn brach er den Widerstand des 20-jährigen Überraschungsfinalisten aus Zypern und gewann in 2:46 Stunden mit 5:7, 7:5, 6:0, 6:2. Nach Wimbledon und den US Open im vergangenen Jahr hat Federer damit den dritten Grand-Slam-Titel in Serie gewonnen und mit seiner Trophäensammlung unter anderen den dreimaligen Wimbledonsieger Boris Becker überholt.
Dagegen gewann Amelie Mauresmo ihr erstes Grand-Slam-Turnier im Alter von 26 Jahren, wofür sie wie Federer mit 751 000 Euro belohnt wurde. Die Französin profitierte beim Stand von 6:2, 2:0 von der Aufgabe der Belgierin Justine Henin-Hardenne, die unter starken Magenschmerzen litt.
Ein Novum gab es aus deutscher Sicht. In Nicolas Kiefer und Thomas Haas standen in Melbourne erstmals zwei deutsche Herren im Achtelfinale. Kiefer schaffte es sogar erstmals in ein Grand-Slam-Halbfinale. Federer verhinderte, dass noch mehr daraus wurde.
»Ich hoffe, ihr wisst, wie viel mir das bedeutet«, sagte der beste Tennisspieler der Welt in seiner bislang emotionalsten Dankesrede. Der Schweizer hatte den Silberpokal aus den Händen von Rod Laver entgegengenommen und war überwältigt. Er umarmte die Tennis-Legende zwei Mal und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Der Australier ist der einzige Spieler, der alle vier Grand-Slam-Turniere innerhalb eines Jahres gleich zwei Mal gewinnen konnte (1962, 1969). Dieses Ziel kann auch Federer wieder ins Auge fassen, nachdem er zum zweiten Mal nach 2004 das erste Major-Turnier des Jahres gewonnen hat. »Er ist der einzige, den ich sehe, der es schaffen kann. Er ist so talentiert. Es ist eine Freude, ihm zuzuschauen«, sagte Laver.
Zunächst bekamen Laver und die 15 000 Zuschauer in der nach ihm benannten Arena jedoch ungewöhnliche Dinge zu sehen. Baghdatis, der nacheinander Andy Roddick (USA), Ivan Ljubicic (Kroatien) und David Nalbandian (Argentinien) bezwungen hatte, setzte den Favoriten unter Druck. Federer strahlte alles das aus, was man von Baghdatis in seinem ersten großen Finale erwartet hätte: Nervosität, Unsicherheit und sogar Angst.
Im zweiten Durchgang verpasste Baghdatis die Chance, mit einem Doppelbreak 3:0 in Führung zu gehen, und plötzlich war Federer wieder da. Er ging mit 6:5 in Führung und gewann bis zum 3:0 im vierten Satz elf Spiele nacheinander. Baghdatis war ausgepowert, bekam sogar Wadenkrämpfe, doch aufgeben wollte der Teufelskerl bis zum letzten Punkt nicht.
Als Lohn für seinen sensationellen Durchmarsch erhält Baghdatis 375 500 Euro. Zudem klettert der Mann, der noch nicht einmal ein kleines ATP-Turnier gewonnen hat, in der Weltrangliste vom 54. auf den 26. Platz. Unbezahlbar sind die Sympathien, die der tadellose Sportmann mit seinem Auftreten gewonnen hat. »Es war ein Traum, aus dem ich jetzt aufgewacht bin«, sagte der ebenfalls zu Tränen Gerührte.
Die EndspieleMänner: Roger Federer (Schweiz/1) - Marcos Baghdatis (Zypern) 5:7, 7:5, 6:0, 6:2
Frauen: Amelie Mauresmo (Frankreich/3) - Justine Henin-Hardenne (Belgien/8) 6:1, 2:0 Aufgabe
Männer-Doppel: Bob Bryan/Mike Bryan (USA/1) - Martin Damm/Leander Paes (Tschechien/Indien/7) 4:6, 6:3, 6:4
Frauen-Doppel: Yan Zi/Zheng Jie (China/12) - Lisa Raymond/Samantha Stosur (USA/Australien/1) 2:6, 7:6 (9:7), 6:3
Mixed: Mahesh Bhupathi/Martina Hingis (Indien/Schweiz) - Daniel Nestor/Jelena Lichowzewa (Kanada/Russland/6) 6:3, 6:3

Artikel vom 30.01.2006