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Orden »Pour le Mérite« soll
Doppelmörder überführen

Täter erbeutet bei Militaria-Händler extrem seltenes Stück

Von Christian Althoff
Delbrück (WB). 60 Tage nach dem Mord an einem Militaria-Händler und seiner Ehefrau in Delbrück (Kreis Paderborn) soll der extrem seltene und wertvolle Orden »Pour le Mérite« die Mordkommission zum Täter führen.

»Wir wissen seit einigen Tagen, dass der Mörder neben vielen anderen Stücken auch diesen Orden erbeutet hat«, sagte am Freitag Kriminalhauptkommissar Martin Wowro, Leiter der 18-köpfigen Mordkommission. Sechs Beamte der »MK« sind deshalb an diesem Wochenende auf der Militaria-Börse im bayerischen Reichertshofen, um Händler und Sammler nach dem »Pour le Mérite« und anderen Stücken zu befragen. 1000 farbige Flugblätter haben sie bei sich, auf denen acht markante Beutestücke abgebildet sind - vom NSDAP-Parteiabzeichen in Gold über einen Helm des Nationalsozialistischen Kraftfahrer-Korps bis zum Taschenrock der »SS Panzerdivision Hohenstaufen«, der mit 3950 Euro ausgezeichnet war.
Der Militariahändler Ingo Gratzik (38) und seine Frau Cornelia (44), Angestellte bei Wincor-Nixdorf, waren am 1. Dezember im Wohnzimmer ihres Hauses erschossen worden. Der Mörder lud etwa 60 Uniformen, bis zu 300 Orden, Säbel, Dolche und andere Dinge in einen hellen Transporter, an dem sich die rote Aufschrift »Möbel« befunden haben soll. Dann übergoss er die Opfer mit Benzin und zündete sie an. »Zum Glück hat der Brand nur das Wohnzimmer zerstört«, sagt Martin Wowro. Der Laptop des Händlers wurde zwar in Mitleidenschaft gezogen, doch konnte eine Spezialfirma inzwischen die Daten auf der Festplatte rekonstruieren. »Deshalb wissen wir jetzt, was der Mörder erbeutet hat, denn das Opfer hatte auf dem Computer Buch geführt«, erklärt Staatsanwalt Ralf Vetter.
Der 5,5 Zentimeter große, geraubte Orden »Pour le Mérite«, der einem Gutachten zufolge aus der Zeit zwischen 1914 und 1918 stammt, war in diesen vier Jahren nur 687 Mal verliehen worden. Wowro: »Komplett mit Verleihungsurkunde hat er einen Wert bis zu 300 000 Euro. Dem Orden aus dem Besitz unseres Mordopfers fehlt die Urkunde, aber 30 000 bis 50 000 Euro könnte er trotzdem bringen.« Der für militärische oder zivile Leistungen verliehene »Pour le Mérite« sei so selten, dass sich die Nachricht von einem zum Verkauf stehenden Exemplar sofort in der Szene herumspreche. »Und darauf hoffen wir«, sagt Staatsanwalt Vetter.
Alle Hinweise, die im Fall des Doppelmordes eingehen, laufen bei Petra Kipp und einem zweiten Aktenführer zusammen. 693 Spuren hat die Kriminalkommissarin bislang in 53 Aktenordnern zusammengetragen - von Tatortspuren bis zu Hinweisen auf Fahrzeuge und Personen. Nahezu 11 000 Arbeitsstunden haben die zwei Frauen und 16 Männer der Mordkommission bis jetzt geleistet, um diesen Spuren nachzugehen, Elf-Stunden-Tage sind die Regel. Mehr als 1000 mögliche Zeugen aus ganz Deutschland sind in den vergangenen acht Wochen schon vernommen worden - Sammler, Verkäufer, Messeveranstalter. »Wir gehen davon aus, dass der Mörder aus der Militaria-Szene kommt, denn ein Transporter wie der des Täters ist auch auf einer Messe in Kassel gesehen worden«, erklärt Martin Wowro.www.kpb-paderborn.nrw.de

Artikel vom 28.01.2006