28.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Meine Begegnung mit Johannes Rau


Prof. Dr. Reiner Körfer. Ärztlicher Direktor des Herz- und Diabeteszentrums NRW in Bad Oeynhausen:
»Johannes Rau war ein unkomplizierter Mensch, dem jede Abgehobenheit fern lag. Ein paar Tage, nachdem ich ihm 2004 eine neue Herzklappe eingesetzt hatte, hat er eine Stunde lang mit seiner Frau und mir in seinem Zimmer Skat gespielt. Er hat sogar meinen Rat angenommen, das Rauchen einzustellen - zumindest für die Zeit seines Aufenthaltes in Bad Oeynhausen. Als Ministerpräsident war Johannes Rau einer der Gründungsväter des NRW-Herzzentrums. Wir haben jahrzehntelang ein gutes Verhältnis zu ihm gehabt und sind heute in Gedanken bei seiner Frau und seinen Kindern.«


Armin Otto (74), Buchhändler aus Herford:
»Johannes Rau habe ich in den 50er Jahren kennengelernt, als er noch in der Vereinigung evangelischer Buchhändler aktiv war. Rau war als Geschäftsführer im Jugenddienst-Verlag von Hermann Ehlers tätig. Wir haben uns immer wieder während der regionalen Freizeiten der Jungbuchhändlerkreise getroffen. Auch als er später Wissenschaftsminister geworden war, riss die Verbindung nicht ab: Wenn er in Herford war, hat er sich die Zeit genommen und schaute bei uns im Geschäft vorbei. Johannes Rau hat alte Kontakte gepflegt und mir zum runden Geburtstag immer einen persönlichen Brief geschrieben. Er war ein offener, ehrlicher Mensch, der schnell kontern konnte und immer ein passendes Wort parat hatte.«


Friedel Bünz (55), Verwaltungsbeamter aus Löhne:
»Als Landesvater hatte Johannes Rau die Teilnahme an unserer 1000-Jahr-Feier in Löhne schon abgesagt, als wir ihm im August 1993 persönlich begegnet sind. Das war beim Landesfest in Münster mit 120000 Teilnehmern. Wenn wir nah rankommen, wollen wir ihn noch einmal einladen, haben wir uns überlegt. Ein Mitglied unserer Gruppe hatte sich als Bischof Milo von Minden verkleidet und blieb vor der Ehrentribüne stehen. Johannes Rau küsste den Bischofsring. Wir nutzten die Gelegenheit und erzählten dem Ministerpräsidenten vom bevorstehenden Großereignis in der Werrestadt. Dann muss ich mir das wohl nochmal überlegen, sagte er. Und eine Woche später kam er tatsächlich für einen Kurzbesuch mit dem Hubschrauber am Schloss Ulenburg eingeschwebt. Wir Löhner haben ihm das hoch angerechnet.«


Hans-Dieter Rinkens (63), ehemaliger Rektor der Uni Paderborn:
»Ich habe den damaligen Wissenschaftsminister von NRW erstmals 1976 getroffen, als ich Prorektor der von ihm mitgegründeten Gesamthochschule Paderborn war, und ihn als einen gewinnenden Menschen kennengelernt, der uns damals viel Mut gemacht hat. Das hat sich nur leider nicht immer in finanziellen Zusagen niedergeschlagen. Aus seinem Munde habe ich auch später nie etwas Destruktives, sondern immer nur Aufbauendes gehört. Sowohl als Ministerpräsident wie auch als Bundespräsident war er ein Gesprächspartner mit hoher sozialer Kompetenz. Rau konnte aber auch in die Höhle des Löwen gehen, und die Bestien wurden ganz schnell zahm.«


Pastor Friedrich Schophaus, Vorstandsvorsitzender der von Bodelschwinghschen Anstalten in BIelefeld:
»Johannes Rau war dabei, als ich vor elf Jahren in mein Amt als Vorstandsvorsitzender der von Bodelschwinghschen Anstalten eingeführt wurde. Seitdem haben wir engen Kontakt gehalten, bei ihm haben wir für unsere Anliegen immer ein offenes Ohr gefunden. Johannes Rau hat die Nähe der Menschen gesucht, er kannte keine Scheu, auf sie zuzugehen, man merkte deutlich, dass ihm Menschen, die mit Einschränkungen gleich welcher Art zurecht kommen müssen, am Herzen lagen. Mit seinem Tod hat Bethel einen wirklich guten Freund verloren.«

Artikel vom 28.01.2006