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Innenstädte
brauchen Handel

Minister will Planungsrecht ändern

Von Edgar Fels
Herford(WB). Großprojekte auf der grünen Wiese soll es in Zukunft in NRW nicht mehr geben. »Wir wollen das Planungsrecht ändern«, sagte am Freitag der nordrhein-westfälische Bauminister Oliver Wittke beim Neujahrs-Empfang des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe im Museum MARTa in Herford.
Minister Oliver Wittke (li.) sprach sich, auch zur Freude von Ferdinand Klingenthal, Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes, in Herford gegen Großprojekte auf der grünen Wiese aus. Fotos: Hannemann
Als Beispiel nannte der Minister das Centro Oberhausen, für das kürzlich die Verkaufsfläche um 24 000 Quadratmeter erweitert wurde. Wittke sagte weiter, es sei sinnvoller, vorhandene Verkaufsflächen in den Städten attraktiv zu gestalten statt neue Flächen auszuweisen. Das Ziel, Innenstädte zu stärken, sei nicht nur Aufgabe von Politik und Einzelhandel, sondern auch von Immobilienbesitzern. »Die haben ein ureigenes Interesse daran, dass die vitale Stadt sich weiter entwickelt«, sagte Wittke vor 220 Gästen. Der Minister kündigte ein Gespräch mit verschiedenen Interessensvertretern wie IHK, Handel, Städtetag und Warenhauskonzernen an: »Wir wollen eine gemeinsame Lösung erarbeiten, welchen Weg wir in NRW einschlagen wollen.«
Zudem sprach sich Wittke dafür aus, Ladenöffnungszeiten in NRW an Werktagen abzuschaffen. Es könne aber durchaus regionale Unterschiede geben.
Zuvor hatte der Vorsitzende des Einzelhandelsverbandes (EHV) Ostwestfalen-Lippe, Ferdinand Klingenthal, zu einem Umdenken bei der Lösung der Probleme im Handel aufgerufen. Ferner hat er die für 2007 geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer kritisiert.
»Wir können die Zukunft, die anders sein wird als die Vergangenheit, nicht mit den Rezepten dieser Vergangenheit angehen«, sagte Klingenthal. »Wenn wir lebendige Innenstädte möchten, geht das nicht ohne den Handel«, betonte Klingenthal. »Die Städte brauchen uns mehr als wir die Städte.«
Kein Center könne eine lebendige Innenstadt je ersetzen. Der Vorsitzende räumte ein, große Bekleidungs-Fachgeschäfte, Kleinkaufhäuser und Warenhäuser hätten es in der Regel schwer, zu überleben. Ein »Ersatz« könnten Lebensmittel-Verbrauchermärkte mit Frischeschwerpunkt sein. Dieser Geschäftstyp werde sich in den nächsten 20 Jahren noch deutlich verbessern und profilieren. Klingenthal: »Weil das nämlich die einzige Antwort auf die Übermacht des Discounts ist.«
Ferdinand Klingenthal forderte neue Regelungen in Nordrhein-Westfalen, die es ermöglichten, dass etwa zwei oder drei Grundstücksnachbarn gemeinsam eine solche Immobilie entwickeln. Der Rat der Kommune müsse dafür die Voraussetzungen schaffen. Die Krise im Handel dauere schon mehr als zehn Jahre, sagte Klingenthal und erinnerte an ungezählte Geschäftsschließungen und den Verlust von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen.
Der EHV Ostwestfalen-Lippe (elf Milliarden Euro Einzelhandelsumsatz) beschäftigt in 10 000 Geschäften 70 000 Mitarbeiter.

Artikel vom 28.01.2006