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Aus der Hamas-Charta

»Wer die Ziele der Hamas anzweifelt, fordert das Schicksal heraus.«

Leitartikel
Wohin treibt die Hamas?

Die Lunte bleibt
am Pulverfass


Von Rolf Dressler
Manch einer mag sich schon fragen, ob denn da ein unsichtbarer Dramaturg am Werke sei. Ganz nüchtern betrachtet fügt es aber schlicht der Terminkalender, dass in diesen wieder besonders heiklen Tagen Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Konfliktregion besucht, die seit eh und je wahrlich nicht von ungefähr als »Pulverfass Nahost« die Welt in Atem hält.
Nur, kann Angela Merkel überhaupt etwas bewegen und bewirken über den tiefen Gräben zwischen Israelis und Palästinensern - wenigstens im Atmosphärischen, was nach Lage der Dinge allein schon ein Wert in sich wäre?
Der von Krieg und Terror blutgetränkte Boden, den sie vorfindet, könnte schwieriger kaum sein. Denn der noch taufrische Wahl-Triumph ausgerechnet der gewalttätig radikal-islamischen Hamas gibt nach allen bitteren Erfahrungen auch fortan zu schlimmen Befürchtungen Anlass. Weder die Hamas-Leute noch die bisher regierende Fatah-Partei und deren Al-Aksa-Brigaden machen bis zur Stunde Anstalten, ihrem Politikverständnis der Marke »Bomben und Kalaschnikow« ein für allemal zu entsagen.
Und noch katastrophaler: Insbesondere die Hamas will sich offenbar um keinen Preis von dem entsetzlichen Urziel trennen, den zutiefst verhassten »Staat der Juden« für immer und ewig zu vernichten, auszurotten mit Stumpf und Stiel.
Der Spannungsbogen könnte also nicht grotesker sein, wenn exakt dieselben, zum Endkampf mit Israel unverändert entschlossenen Hamas-Führer sich nun geradezu danach drängen, mit der deutschen Regierungschefin ins Gespräch zu kommen. Dabei spekulieren sie natürlich darauf, den eigenen Rang und Ruf auf der weltpolitischen Bühne allein schon dadurch aufzubessern, dass eine solche Begegnung überhaupt zustande käme.
Derweil sonnen sich die Hamas-Oberen darin, dass ihr »unverfälscht demokratisch« errungener Wahlsieg den übrigen arabischen Herrschern ringsumher ein dicker Dorn im Auge sei. Angela Merkel, ihr neuester Hoffnungsträger aus dem Feindesreich der »Ungläubigen«, lässt sich davon nicht blenden. Und sie tut gut daran. Man lese dazu nur die Grundsatz-Charta der Hamas:
- »Dank der Ausbreitung der Moslems über die ganze Welt ist die Bewegung eine universelle ... Der Prophet, Segen und Friede sei mit ihm, hat gesagt: 'Der jüngste Tag wird nicht kommen, bevor die Moslems gegen Juden kämpfen und die Juden töten'.«
- Palästina sei eine religiöse Stiftung, mithin islamisches Land von Anbeginn an, »das niemals ganz oder auch nur in Teilen aufgegeben werden kann«.
- Nichts sei »erhabener ... als der Dschihad (heilige Krieg) gegen den Feind«.
Kurzum, »jedwede Friedenskonferenzen, -initiativen und sogenannte friedliche Lösungen laufen allesamt den Überzeugungen der Hamas zuwider...«
An Klarheit fehlt es wirklich nicht. Die Lunte bleibt am Pulverfass.

Artikel vom 30.01.2006