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Gudrun Landgrebe, gerade von ihrer eigenen Südsee-Insel zurückgekehrt, wird wieder als Schauspielerin aktiv. »Aber das Projekt ist noch nicht spruchreif . . .«

Mozart, dieser Schelm,
und die kokette Dame

Gudrun Landgrebe im Wechselspiel mit Sebastian Knauer

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Die flambierte Frau als Gönnerin eines Genies? Warum nicht! Die vielfach verehrte Film-, TV- und Theaterschauspielerin Gudrun Landgrebe schlüpfte am Mittwoch zur Eröffnung der Berenberg-Bank in die Rolle von Mozarts Mäzenin, der Wiener Baronin Waldstätten.

Zum Vergnügen der 180 Gäste, zwei Tage vor Mozarts Geburtstag (heute vor 250 Jahren), verbeugte sich la Landgrebe im Wechselspiel mit dem Weltklassepianisten Sebastian Knauer vor dem großen Komponisten. In einer Uraufführung las sie eine Art Dialog mit ihrem (nur scheinbar anwesenden) Gegenüber Leopold Mozart. Den hübschen Text, eine gekonnte Verbindung beschwingter bis melancholischer Briefzitate Martha Elisabeths und des Wolferls mit einfühlsamen eigenen Beobachtungen, hat Knauers Vater verfasst. Rezitation und Pianospiel sollen im Sommer auf CD erscheinen.
»Harlekin sucht Colombine« - der Schelm der Commedia dell'arte und seine kokette Geliebte umarmen sich, jedenfalls in beider Phantasie. Das Publikum merkte es der charmanten Actrice an, dass das Sujet sie kaum im Sessel hielt, dass sie am liebsten das ganze Podium zum amourösen (Wort-) Spiel genutzt hätte. »Du fehlst mir!«, ruft die gealterte Lebedame ihrem verblichenen Musikus nach, der so gerne den Hanswurst gab.
Sinnlich ihr Tonfall, mädchenhaft ihr glucksendes Lachen, im dunklen Timbre ihrer Stimme bebt die Melancholie - Gudrun Landgrebe taucht ein ins Rokoko. »Ich empfinde großes Vergnügen, Figuren aus fernen Zeiten zu spielen«, verriet die 55-Jährige im Interview. »Ich lerne von ihnen.« Ob Mozart und die Waldstätten oder Chopin und seine George Sand: »Mich faszinieren solche interessanten Konstellationen.«
Der Künstler und seine Muse inspirieren sich wechselseitig, »und so ist es auch zwischen uns beiden«, sagte der Pianist Sebastian Knauer (34). Der ehemalige Stipendiat der Berenberg-Bank-Stiftung, der mittlerweile mühelos die großen Konzertsäle füllt, setzt die Worte der Landgrebe in perlende Läufe (Rondo D-Dur, KV 485) um, in verliebt schmachtende Phrasen (Rondo F-Dur, KV 494) und bestens gelaunte Lieder (Sonate C-Dur, KV 309).
Hingebungsvoll »belauscht« von Gudrun Landgrebe - die natürlich weiß, dass alle Augen auf ihr ruhen -, porträtiert Knauer einen hoffnungslos in seine Aloisia verliebten, tieftraurigen Harlekin, lässt die Leidenschaft im Bass grummeln und wischt - musikalisch - mit der rechten Hand verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel (Fantasie c-Moll, KV 475).
Während Gudrun Landgrebe alias Baronin Waldstätten ihren übermütigen Lehrer und Gefährten gegen Papa Leopolds Strenge verteidigt, der den schönen roten Frack begehrt, seinen fulminanten Preis dagegen ausblendet, präsentiert Knauer das trotzig aufstampfende Wunderkind: »Ich will aber!«, erklingt es nach sehnsüchtigem Blick in die Auslage der Schneiderwerkstatt aus der Sonate c-Moll, KV 457, bevor sich im Finale alles zum Guten, Frohen, Glücklichen wendet. Ein wenig frivol mögen ja die »Zwölf Variationen« über das französische Volkslied »Ah, vous dirai-je, maman« (»Morgen kommt der Weihnachtsmann« . . .) klingen, hier in der Bank und vor einem Publikum, das aus großem Vermögen mehr Vermögen zu machen hofft.
Doch nicht nur Geld, auch hinreißende Kunst im Duett kann glücklich machen: »Wir nehmen es als Riesenkompliment, dass uns das Publikum bis zum letzten Augenblick gefolgt ist«, sagen Gudrun Landgrebe und Sebastian Knauer.
Nur am Rande: Der Hamburger Knauer hat einen Namensvetter, der nicht weit entfernt wohnt und für den »Spiegel« schreibt. Da klingelt das Telefon wegen des neuesten Recherche-Auftrags schon mal beim Klavierspieler. »Und kürzlich fand ich auf meinem Konto das Honorar für einen Fernsehauftritt im ÝMittagsmagazinÜ«, erzählt der unverhofft zu »Reichtum« gekommene Künstler.
Der Berenberg-Bank wäre das nie passiert.

Artikel vom 27.01.2006