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Kriegsspiel mit illegalen Waffen

Verein stellt Schlachten nach - Besitz zweier Maschinengewehre geahndet

Von Christian Althoff
Herford (WB). Mit Uniformen und Kriegswaffen spielen Mitglieder eines Bad Oeynhausener Vereins seit Jahren im Ausland historische Schlachten nach. Das Spielen ist erlaubt, die Kriegswaffen sind es nicht. Deshalb hat das Amtsgericht Herford gestern den Vereinsvorsitzenden Peter S. (32) zu 15 und seinen Komplizen Christian G. (21) zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Tischler Peter S. hatte vor zehn Jahren den »Europäischen Darstellungsverein für lebendige Geschichte« gegründet, dem nach Recherchen der Polizei etwa 80 Mitglieder angehören - in der Mehrzahl bürgerliche Menschen, aber auch etwa 30 Rechtsextremisten. So hängt in der Wohnung von Peter S. »ein ikonenhaftes Bild Adolf Hitlers«, wie der Staatsanwalt gestern anmerkte. Nachgespielt werden von dem Verein Schlachten des US-Bürgerkrieges, der beiden Weltkriege sowie des Vietnamkrieges. Peter S. besitzt außerdem noch ein mittelalterliches Kettenhemd - um im Bedarfsfall auch mal einen Ritter mimen zu können.
»Wir bekommen Einladungen aus ganz Europa«, berichtete Peter S. gestern dem Gericht. Vor allem osteuropäische Länder buchten die Darsteller für öffentlichen Feiern zum Jahrestag der deutschen Kapitulation: »Die bestehen meist darauf, dass wir in Uniformen der Waffen-SS auftreten«, sagte der Hauptangeklagte und erzählte von einem Dankschreiben des Vize-Kommandeurs der tschechischen Streitkräfte: »Der war begeistert!«
Von einem dieser Auslandseinsätze hatten Peter S. und Christian G. am 8. Mai 2004 illegal ein Maschinengewehr »MG 42« nach Deutschland mitgebracht. Der Lauf war unbrauchbar gemacht worden, aber der Verschluss (Lademechanismus) funktionierte noch - und damit fiel das MG unter das Kriegswaffenkontrollgesetz. Ebenso wie eine Kalaschnikow »AK  47« des Vereinsvorsitzenden, bei der auch nur der Lauf funktionsunfähig war.
»Wir haben mit den Gewehren Platzpatronen verschossen und dachten, die Waffen seien erlaubt«, erklärte Peter S. vor Gericht. Er habe die Gewehre vor jeder Vereinsreise ins Ausland beim Zollamt in Bad Oeynhausen vorgelegt und angemeldet. »An der Grenze haben dann Zoll und Bundesgrenzschutz die Waffen und die dazugehörigen Papiere überprüft und nie etwas beanstandet!«
Richterin Alexandra Sykulla machte zwar deutlich, dass sie dem als Waffennarr bekannten und vorbestraften Peter S. so viel Blauäugigkeit nicht zutraue: »Sie hätten wissen müssen, dass die Gewehre verboten sind.« Doch konnte angesichts der offenbar problemlosen Zollabfertigung nicht nachgewiesen werden, dass Peter S. mit Vorsatz eine verbotene Kriegswaffe besessen hatte.
Der Verfassungsschutz hatte 2004 die Polizei auf die Männer aus Bad Oeynhausen aufmerksam gemacht. Bei Wohnungsdurchsuchungen waren die Gewehre, verbotene Schreckschussmunition, erlaubnisfreie Waffen und zahlreiche Requisiten entdeckt worden - wie etwa eine Konservendose mit der Aufschrift »Hühnersuppe - Nur für Waffen-SS«.
Mit den Bewährungsstrafen für illegale Einfuhr und fahrlässigen Besitz einer Kriegswaffe folgte das Gericht dem Antrag des Staatsanwaltes. Auch die Verteidiger hatten gegen dessen Forderung nichts einzuwenden. Als Bewährungsauflage muss Peter S. 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, Christian G. 120 Stunden.

Artikel vom 27.01.2006