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Ärzte-Streik in Kliniken gestoppt

Marburger Bund und Arbeitgeber nehmen Tarifverhandlungen auf

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Der für Anfang Februar geplante Ärztestreik in den kommunalen Krankenhäusern ist gestoppt. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) und die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) wollen Tarifverhandlungen aufnehmen.

Während der Tarifverhandlungen herrsche Friedenspflicht. Nur zeitlich befristete Warnstreiks seien möglich, um Druck auf den Fortgang der Verhandlungen auszuüben, sagte der Sprecher des MB-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz, Michael Helmkamp, dieser Zeitung. Die Tarifkommission des Marburger Bundes habe den Verhandlungen bereits zugestimmt, sagte Helmkamp. Die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände will ihre Entscheidung heute in Berlin bekanntgeben. Auch der VKA sei verhandlungsbereit, hieß es gestern. Niemand sei daran interessiert, einen Streik in seinem Krankenhaus zu haben, verlautete aus Kreisen der Arbeitgeber.
Der Marburger Bund hatte einen ersten Streikaufruf am 13. Dezember nach einem Gerichtsurteil zurücknehmen müssen. An 100 der bundesweit 750 kommunalen Krankenhäuser waren ein eintägiger Streik oder Solidaritätsaktionen geplant gewesen - in Ostwestfalen-Lippe in Bad Oeynhausen, Warburg, Minden und Gütersloh. Dieser Streik sollte zunächst Anfang Februar nachgeholt werden.
Die Ärzte lehnen den neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ab, da er Einkommensverluste von 25 Prozent mit sich bringe. Gefordert wird ein spezieller Arzttarif-Vertrag. Dieser wird von den Arbeitgebern aber abgelehnt. Nach Angaben des Marburger Bundes werden bereits viele Ärzte vom alten Bundesangestellten-Tarif (BAT) in den TVöD »zwangsübergeleitet«.
Im Vorfeld der Tarifverhandlungen hat gestern der Vorsitzende des Marburger Bundes, Dr. Frank Ulrich Montgomery, eine deutliche Reduzierung der Arbeitszeiten von Krankenhausärzten gefordert. Dies sei im Sinne des Gesundheitsschutzes für Ärzte und Patienten. Es sei absolut fahrlässig, wenn Klinikarbeitgeber Ärzte anhielten, 60, 70 oder 80 Stunden in der Woche zu arbeiten. In einer Umfrage des Marburger Bundes unter 1400 Krankenhausärzten hätten sich 90 Prozent der Mediziner für eine Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf maximal 48 Stunden ausgesprochen.
In der Umfrage hätten 81 Prozent der Ärzte angegeben, dass die Mehrarbeit von den Arbeitgebern gar nicht vergütet werde. Neben einer Begrenzung der Arbeitszeiten und einer deutlichen Erhöhung der Grundvergütung fordere der MB die Einführung elektronischer Zeiterfassungssysteme. Die Ausbeutung der Klinikärzte durch überlange Arbeitszeiten und eine miserable Grundvergütung seien die Hauptursachen für den dramatischen Ärztemangel in Krankenhäusern, sagte Montgomery.

Artikel vom 26.01.2006