27.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Baghdatis wie im Traum

20 Jahre alter Zypriot wartet auf Kiefer oder Federer

Melbourne (dpa). Auf seinen Showdown gegen Roger Federer wurde Nicolas Kiefer am Donnerstag im australischen Fernsehen eingestimmt.

»Der coole Federer gegen den unberechenbaren Kiefer«, hieß es bei »Channel 7« in der Ankündigung für das Australian-Open-Halbfinale zwischen dem Tennis-Profi aus Hannover und dem Weltranglisten-Ersten aus der Schweiz am Freitag (nicht vor 9.30 Uhr MEZ).
Doch nicht nur das bekam Kiefer zu sehen. Der ungesetzte Marcos Baghdatis zeigte ihm, dass nichts unmöglich ist: Der 20 Jahre alte Himmelsstürmer aus Zypern zog sensationell ins Endspiel ein.
Nach dem Amerikaner Andy Roddick und Ivan Ljubicic aus Kroatien rang die Nummer 54 der Weltrangliste in seinem ersten Grand-Slam-Halbfinale auch den an vier gesetzten David Nalbandian mit 3:6, 5:7, 6:3, 6:4, 6:4 nieder.
Der Masters-Cup-Gewinner aus Argentinien lag schon mit 2:0 Sätzen vorn, verlor dann aber die Nerven, als die heißblütige Fanschar seines Widersachers die Rod-Laver-Arena in einen Hexenkessel verwandelte.
Baghdatis indes störte weder das donnernde Feuerwerk in Melbournes Innenstadt, mit dem die Australier ihren Nationalfeiertag ausklingen ließen, noch eine 15-minütige Regenunterbrechung, als er beim Stand von 5:4 zum Matchgewinn aufschlug. Nach dem größten Sieg seiner Karriere sank er auf die Knie und riss sich sein weißes Stirnband vom Kopf. »Ich muss erstmal aufwachen aus diesem Traum«, stammelte er. »In Zypern drehen jetzt alle durch. Schon bei meinem letzten Match haben die Leute aufgehört zu arbeiten.« Mit Tränen in den Augen schickte er Grüße in seine Heimat: »Ich liebe mein Land, ich liebe Euch alle!«
Für Kiefer war dieser emotionale Auftritt die richtige Motivation. Glaubt man Federers Trainer Tony Roche, hat er das Potenzial, seinen Schützling zu schlagen: »Er weiß, wie man Roger ärgern kann. Das hat er im letzten Jahr in Wimbledon und bei den US Open gezeigt«, sagte Roche: »Ich erwarte wieder einen ganz harten Fight.«

Artikel vom 27.01.2006