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Gemeine Nagekäfer in der Abtei

Studentin untersucht Kirchengebäude in Marienmünster -Êheute Vortragsabend

Von Frank Spiegel
Marienmünster (WB). Besucher der Abteikirche Marienmünster mögen mitunter verwundert auf die Papierklebestreifen schauen, die an zahlreichen Stellen in dem Gotteshaus befestigt sind. Doch hat hier kein Anstreicher seine Hilfsmittel vergessen, es handelt vielmehr um Streifen aus Methylzellulose. Aufgeklebt hat sie Melanie Dropmann aus Köln -Êund sie darf das.

Die 30-Jährige möchte Restauratorin werden und studiert am Institut für Holzbiologie und Holzschutz der Fachhochschule Köln. Die Papierstreifen sind Bestandteil ihrer Diplomarbeit: Seit längerer Zeit ist die Klosterkirche in Marienmünster von Schädlingen befallen, mit Hilfe der Streifen lassen sich die Schädlinge mit dem lateinischen Namen »Anobium punctatum« -Êweitaus bekannter als Gemeiner Nagekäfer oder Holzwurm -Ênachweisen. Und davon -Êso hatte man befürchtet -Ê soll es in der Klosterkirche reichlich geben.
»Ganz so schlimm ist es nicht«, beruhigt die Fachfrau. Nach ihren ersten Untersuchungen sei »überall ein bisschen«. Melanie Dropmann: »Nur die Kanzel und die Sakristei sind stark befallen.« Alle Holzobjekte der Kirche von der Kirchenbank bis zur Skulptur wird sie untersuchen. 215 sind es insgesamt, 120 hat die Studentin bisher schon unter die Lupe genommen.
Dass Holz einmal befallen war, sieht man an den vielen winzigen Löchern. Sie sind das Ergebnis eines Reifeprozesses des Gemeinen Nagekäfers. Wie die Studentin berichtet, wachse die Larve des Käfers in dem Holz heran und fresse sich dort voran. Später -Êetwa nach zwei bis fünf Jahren -Êwerde aus der Larve der Käfer, der dann aus dem Loch in die Freiheit fliege und nur ein Ziel habe: sich fortzupflanzen.
Die Gefahr, dass die Statik etwa der Kanzel leide, bestehe beim Befall durch die Larven des Gemeinen Nagekäfers nicht. Gleichwohl richteten diese zum Teil erhebliche Schäden an. Melanie Dropmann zeigt als Beispiel einen Engelskopf, der im Chorgestühl gehangen hat. Dass er das nicht mehr tut, liegt am Befall durch die Schädlinge. Die hatten sich ausgerechnet den Bereich um den Befestigungsdorn als Nist- und Lebensraum ausgesucht, entsprechend porös wurde das Holz bis der Dorn die Figur nicht mehr halten konnte.
Diese Art der Untersuchung erscheint aufwändig, ist aber nach Aussage von Melanie Dropmann deutlich preiswerter als andere Methoden, die Schädlinge zu bekämpfen. In Frage kämen hier Giftgas, bei dem das gesamte Kirchengebäude luftdicht verpackt werden müsste oder hohe Temperaturen. Bei dieser Methode müsste der gesamte Innenraum der Kirche auf 120 Grad Celsius erhitzt und die Luftfeuchtigkeit erhöht werden.
Die Fachfrau setzt vielmehr auf die langfristige Beobachtung der möglichen Schädlingsherde. Im Dezember war sie zum ersten Mal in der Abteikirche und hat Klebe- und Lichtfallen aufgestellt sowie Flächen mit Methylzellulose abgeklebt. Seit Sonntag setzt sie ihre Arbeit bis zum kommenden Samstag fort, um dann Ende Februar noch einmal weiterzuarbeiten. Von März an können die Käfer schlüpfen, dann werden die Fallen und die Papierstreifen beobachtet. Eine Stelle gilt als befallen wenn Käfer in den Fallen auftauchen oder sich durch die Papierstreifen in die Freiheit bohren.
Monitoring nennt sich diese Langzeitbeobachtung in der Kirche. »Sie sollte idealerweise die beiden Ausflugperioden der Käfer in 2006 und 2007 umfassen«, so Melanie Dropmann. So lasse sich ein detailliertes Bild vom Schadensumfang gewinnen.
Wenn es dann an die Bekämpfung der Tiere gehe, müssten nur einzelne Objekte behandelt werden und nicht der komplette Kirchenraum.
Wer sich näher über das Thema informieren möchte, kann dies am heutigen Abend tun: Um 20.15 Uhr beginnt im Pfarrsaal neben der Klosterkirche der Abtei Marienmünster ein Vortrag zum Thema Schädlingsbefall. In Zusammenarbeit mit der Bundesforschungsanstalt für Holz- und Forstwirtschaft, dem Institut für Holzbiologie und Holzschutz der Fachhochschule Köln und dem Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft referieren Dr. Uwe Noldt und Melanie Dropmann über die Maßnahmen in der Kirche. Der Eintritt ist frei

Artikel vom 25.01.2006