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Kripobeamter
zu Unrecht im Fadenkreuz

Ermittlungen gegen Unschuldigen

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Beamte des Polizeipräsidiums Bielefeld sowie der Bezirksregierung in Detmold haben den Kripobeamten Manfred Hudalla (55) jahrelang zu Unrecht verfolgt. Das hat das Verwaltungsgericht Münster festgestellt. Hudalla sei kein Dienstvergehen vorzuwerfen, befanden die Richter.
Manfred Hudalla: Nach fünf Jahren rehabilitiert.

Hudalla war Leiter des Drogenkommissariates, als er im September 2000 vor dem Landgericht Bielefeld in einem Dealer-Verfahren aussagte, die Kripo haben für den Bereich der städtischen Junkie-Anlaufstelle keine Markttransparenz, »weil wir dort seit einiger Zeit nicht mehr tätig sind«. Diese Aussage veranlasste den damaligen Polizeipräsidenten Horst Kruse, ein Disziplinarverfahren gegen den Kriminalbeamten einzuleiten. Hudalla stehe im Verdacht, mit seiner Aussage das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit geschädigt zu haben, hieß es. Später wurde der Beamte von der Leitung des Drogenkommissariates entbunden.
Womit Kruse nicht gerechnet hatte: Die Kaltstellung Hudallas löste massive Proteste innerhalb des Polizeipräsidiums aus, es kam in den folgenden Monaten zu einer Welle gegenseitiger Schuldzuweisungen. Die Disziplinarermittlungen gegen Hudalla wurden daraufhin ständig erweitert - erst durch seine eigene Behörde, später durch die Bezirksregierung in Detmold. Hudalla sollte dem Ansehen der Polizei geschadet, vom Diensttelefon aus Gespräche mit einem Politiker und Journalisten geführt, Vorgesetzte über seine Ermittlungen als Drogenfahnder nicht auf dem Laufenden gehalten und andere Vergehen begangen haben.
Erst im Mai 2003 stellte die Bezirksregierung alle Verfahren ein - ohne Begründung. Hudalla forderte jedoch, die Ermittlungen zu Ende zu führen, um seine Unschuld beweisen zu können. Das lehnte der Kruse-Nachfolger, Polizeipräsident Erwin Südfeld, ab. Es könne »offen bleiben«, ob ein Dienstvergehen vorliege. Er wolle nicht ermitteln, weil dieses »außerordentlich aufwendig« und für viele Tatbeteiligte »belastend« sei, schrieb Südfeld.
Daraufhin hatte sich Manfred Hudalla an die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichtes Münster gewandt. Sie prüfte alle Vorwürfe und kam jetzt unter dem Aktenzeichen 13 K 3690/04.O zu dem Schluss, dass kein einziges Dienstvergehen vorgelegen hat. So könne ein Polizist, der als Zeuge vor Gericht die Wahrheit sage, überhaupt nicht gegen Dienstvorschriften verstoßen - selbst wenn die Wahrheit ein negatives Licht auf die Polizei werfe.
»Es ist traurig, dass ich vor Gericht ziehen musste, um klarzustellen, dass meine Kollegen und ich korrekt gearbeitet haben«, sagte Manfred Hudalla gestern. »Was meine Familie und ich in den vergangenen fünf Jahren durchgemacht haben, ist irreparabel.« Hudallas Rechtsanwalt Dr. Holger Rostek erklärte, er werde jetzt prüfen, ob sich Horst Kruse und andere Beamte der Verfolgung Unschuldiger strafbar gemacht hätten. Außerdem wolle er Schadensersatzansprüche gegen das Land durchsetzen.
Polizeipräsident Kruse, der das ganze Verfahren ausgelöst hatte, hatte die Affäre, wie bekannt, nicht schadlos überstanden: Erst verlor er seinen Posten, dann musste er sich vor Gericht verantworten, weil er Drogenhandel an der Junkie-Anlaufstelle geduldet haben sollte. Gegen Zahlung einer Geldbuße von 7500 Euro war das Verfahren 2003 eingestellt worden.

Artikel vom 26.01.2006