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Etwas Schwund ist immer

Inventur im Marktkauf mit 70 Aushilfen - »unauffälliges« Haus

Von Monika Schönfeld
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Wandbelagskleber? Okay. Universalkleber? Okay. Manuela Berger aus dem Marktkauf-Team zählt, Florian Lasse vergleicht und hakt ab. Lasse ist 18 Jahre alt, Berufsgrundschüler. Er ist das erste Mal bei einer Inventur dabei und verdient sich am Samstag im Marktkauf-Baumarkt ein Zubrot. Florian Lasse und Manuela Berger sind eins von 60 Zweier-Teams, die sich Regalmeter für Regalmeter vornehmen und - zählen. »Bis jetzt hat alles gepasst«, sagt Manuela Berger im zweiten Durchgang. Sie überprüft jetzt die Arbeit des ersten Teams anhand von Stichproben.

»Die Inventur ist der Höhepunkt jedes Geschäftsjahres«, so Marktkauf-Filialleiter Uwe Marx. »Danach wissen wir, wo wir stehen, können Fehlerquellen ausmachen und beseitigen.« Der Marktkauf in Schloß Holte-Stukenbrock ist eins von 187 Warenhäusern und Kombistandorten des AVA-Konzerns mit einer mittleren Umsatzgröße. Das Inventurergebnis sei bisher meist unauffällig gewesen, sagt Marx.
Gezählt wird an diesem Samstag alles, was da ist: Schrauben, Zigaretten, Tapetenrollen, Lampen, Batterien, Blumen. Die Inventur dient dazu, das Betriebsergebnis festzustellen, das Jahresergebnis abzugleichen, der Erfolgskontrolle und natürlich dazu, Fehler zu erkennen. In den Bereichen Fleisch, Obst, Gemüse und im Getränkemarkt gebe es die monatliche Inventur - der verderblichen Waren wegen. Im Baumarkt, im Fachmarkt und im Warenhaus wird im Januar gezählt. Allein, weil die Vorbereitungen zwei Wochen dauern. Und das ist im Weihnachtsgeschäft beim besten Willen nicht möglich.
»Es gibt Dinge, die einfach weg sind«, sagt Uwe Marx. Und Baumarktleiter Manfred Maicki erläutert, wie Dinge einfach verschwinden. Bereits in der Warenannahme können Fehler unterlaufen, Mitarbeiter können Waren wie zum Beispiel nicht mehr verkäufliche Pflanzen weggeworfen, aber nicht ausgebucht haben - und dann natürlich der Schwund durch Diebstahl. »Es gibt Bereiche, bei denen ist Diebstahl ausgeschlossen. Teppiche auf Rollen und im Holzzuschnitt stiehlt niemand«, sagt der Baumarkt-Leiter. Beliebte Beute seien Receiver, Rollladenaufwickler und Dimmer. Gegen Diebstahl lasse sich nicht viel mehr machen, als die Artikel mit einem Sicherungssystem zu versehen und die Mitarbeiter mit einem scharfen Blick auszustatten. Am Inventurergebnis lassen sich die Gründe für »Schwund« relativ eindeutig benennen. So lassen sich Fehler eindämmen.
Manfred Maicki (48), seit August 2005 Leiter des Marktkauf-Baumarkts, arbeitet seit 22 Jahren in Marktkauf-Filialen. Im Baumarkt Schloß Holte-Stukenbrock ist es seine erste Inventur. »Ich habe mir die von letzten Jahr nicht angesehen. Ich will mich nicht verrückt machen lassen«, sagt er. Verrückt machen lässt er sich wirklich nicht. »Ich soll mich hier melden« - »Ich bin fertig« - »Kann ich in den Fachmarkt?« - »Müssen Sie mir etwas unterschreiben?« - »Ich geh' jetzt rüber« - Maicki wird bestürmt von den Fragen der 70 Aushilfen, die der Marktkauf per Aushang für die Inventur gefunden hat. Diese Inventur ist eine besondere, die Vorbereitung auf die Umstellung auf ein moderneres Warenwirtschaftssystem. Gezählt, aufgeschrieben, gewogen, gemessen wird nach einem neuen System pro Regalmeter. Maicki ist Herr über ein Sortiment von mehr als 90 000 unterschiedlichen Produkten, Millionen von Einzelteilen. Beginn der Zählung ist um 16 Uhr, Maicki wird wohl nach 22 Uhr das Haus verlassen.
Aber das eigentliche Zählen ist nur der Höhepunkt einer bereits zwei Wochen dauernden Vorbereitungsphase, in der die Listen angefertigt worden sind. Aufnehmen, abnehmen, abhaken - auch nach dem Samstag ist die Inventur nicht abgeschlossen. Jetzt werden die Computer mit den Listen gefüttert, die auf Stimmigkeit überprüft, noch mal erfasst und geändert worden sind. Bis dann der Knopf gedrückt wird, und das vorläufige Ergebnis festgestellt worden ist. Dieses wird noch mal zurückgerechnet auf den 31. Dezember - Wareneingänge, Reparaturen, Kundenkommissionen aus dem begonnenen Jahr 2006 abgezogen. In 14 Tagen werden Uwe Marx und Manfred Maicki wissen, wo sie stehen.

Artikel vom 25.01.2006