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Auto wird zum Sparschwein

Fahren mit Flüssiggas ist billiger und umweltfreundlicher

Von Manfred Köhler (Text und Foto)
Verl (WB). Für den halben Preis tanken: Davon können Autofahrer nur träumen. Nur ein schöner Traum? »Nein, es gibt eine echte Alternative zum Benzin, die nicht nur viel billiger ist, sondern sogar noch eine höhere Oktanzahl als jedes Superbenzin bietet: Flüssiggas«, sagt der Verler Kraftfahrzeugmeister Johannes Gerlach.

»Außerdem ist das Fahren mit Flüssiggas viel umweltfreundlicher: 80 Prozent weniger Schadstoffe werden ausgestoßen.« Bis auf eine kleine Ausnahme könne jeder sein Auto umrüsten lassen und »zum rollenden Sparschwein machen«, schmunzelt der Fachmann. Etwa 50 Cent kostet der Liter Autogas. Die Besteuerung ist noch bis 2009 festgesetzt. »Und das Schöne ist, man hat so gut wie keinen Leistungsverlust«, freut sich Gerlach. »Und Gas ist schonender für den Motor.«
Etwa 2400 Euro koste ein technischer Eingriff, den man bei einer Leistung von 20 000 Kilometern pro Jahr in zwei Jahren wieder heraus habe. »Das Teuerste ist der Umbau, dabei geht viel Zeit drauf, etwa 16 bis 30 Stunden«, sagt Johannes Gerlach. Dieselfahrzeuge sowie Benziner mit einer Direkteinspritzung können jedoch nicht umgerüstet werden. Das Umrüsten sei im Vergleich zu einem entsprechend ausgerüsteten Neufahrzeug noch recht günstig, meint er. »Da muss man nämlich mit einem Preiszuschlag von 5000 Euro rechnen.«
Neben einem zusätzlichen Tank müssen Kraftstoffleitungen, ein Steuergerät und ein Tankeinfüllstutzen eingebaut werden. Damit der zusätzliche Kraftstoffbehälter keinen Platz frisst, wird dieser in der Mulde des Reserverades untergebracht. »Dort passt ein Tank von 50 Litern an aufwärts rein«, erklärt der Kfz-Meister. Auf das Reserverad könne man verzichten, da es heute gute Möglichkeiten gebe, bei einer Reifenpanne mit Hilfe eines Reparatursprays noch 100 Kilometer zu fahren und so leicht die nächste Werkstatt zu erreichen. Wer möchte, kann auch einen Zylindertank haben, verliert aber dadurch etwas Platz. Gerlach: »Es sei denn, er hat einen Buli oder Transporter: Bei ihnen kann man den Tank unterm Fahrzeug anbringen.«
Johannes Gerlach ist wie viele Kollegen der Branche überzeugt, dass das Umrüsten auf Gas Zukunft hat. »Zurzeit erleben wir einen Boom«, stellt er fest. Während es in 2004 noch 35 000 Einbauten in Deutschland gegeben habe, sei die Zahl der Umrüster in 2005 auf 70 000 gestiegen. »Immer noch viel weniger als in anderen Ländern, aber es tut sich was.« In Italien fahren bereits 1,5 Millionen Autos mit dem so genannten LPG, einem Flüssiggasgemisch aus Butan und Propan. In Polen sind es über eine Million, in Holland 450 000 und in Frankreich 300 000 Autos.
»Man kann also getrost in Urlaub fahren und hat noch ganz gute Chancen, eine Tankstelle mit entsprechendem Angebot zu finden«, erklärt der Fachmann. Besser als in Deutschland, wo es inzwischen 350 Gasdepots gibt.
Für die Verler ist die nächste Gaszapfsäule in Gütersloh an der Carl-Bertelsmann-Straße. Auch in Augustdorf ist noch eine. Doch bald schon werden sie in unmittelbarer Nähe einen solchen Service haben: An der Grenze von Verl an der Kaunitzer Straße in Liemke steht bereits der 6400 Liter-Tank mit Zapfsäule von Kfz-Meister Hubert Kerstingjohänner (43) bereit und wartet auf grünes Licht von der Genehmigungsbehörde in Rheda-Wiedenbrück. »Die lassen sich richtig viel Zeit«, klagt der Handwerker, »eigentlich würde ich gerne zum Ende des Monats starten.«
»Das Betanken ist eigentlich ganz einfach«, erklärt Hubert Kerstingjohänner. Wer dennoch nicht klar kommt, kann sich an Jenifai Hu, den Gastwirt des China-Restaurants wenden, das sich neben der Tankanlage befindet. Er erledigt auch das Kassieren für Kunden, die bar zahlen. »Ansonsten genügt die EC-Karte«, sagt Hubert Kerstingjohänner. Mit der kann man mit Hilfe des Leseschlitzes und der Tastatur an der Zapfsäule zu jeder Tages- und Nachtzeit seinen Tank füllen.

Artikel vom 25.01.2006