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Bielefeld friert: Nicht
nur Autofahrer stöhnen

Stadtbahnen »streikten« - Polizei testet neue Jacken

Von Gerhard Hülsegge,
Carsten Borgmeier und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). Kalte Nasen, zugefrorene Autotüren, streikende Stadtbahnen und eisige Temperaturen von bis zu minus acht Grad Celsius haben gestern vielen Bielefeldern zu schaffen gemacht. Der kältste Tag des Jahres legte das Gros der Baustellen in der Stadt lahm. Nur die Polizei freute sich, testete ihre neuen Winter-Uniformen - Windstopperjacke inklusive Fingerschutz.

»Der Trageversuch sollte eigentlich schon 2005 durchgeführt werden«, berichtete Frank Kursawe von der Stadtwache. »Dann war der Winter aber zu früh zu Ende und wir haben jetzt sogar noch Handschuhe dazu bekommen«. Der 41-jährige Polizeikommissar gehört zu einer Handvoll Beamten in Ostwestfalen-Lippe, die die leichte Bekleidung für die Zentrale Polizeidirektion (ZPD) Düsseldorf testen sollen. Er zeigte sich bereits gestern begeistert von der Leichtigkeit, dem hohen Komfort und dem attraktiven Design mit roten Streifen und reflektierendem Schriftzug: »Gut zu tragen und es hält warm.«
In Schweiß kamen gestern Morgen im »Gefrierschrank Bielefeld« nicht nur die gelben Retter vom Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC). An die 300 Pannenhilfen wurden, so Sprecher Peter Harms geleistet. Viele kamen zu spät zur Arbeit, weil sie nicht in ihr Auto kamen, die Türschlösser zahlreicher Pkw vereist waren. »Oder die Batterie streikte und der Anlasser funktionierte nicht«, bestätigt Eberhard Teutrine von der Autowerkstatt Korte und Teutrine an der Herforder Straße.
Auch der öffentliche Nahverkehr blieb von der »Eiszeit« nicht verschont. Bei der morgendlichen Ausfahrt blockierten gleich zwei Stadtbahnen von moBiel wegen technischer Probleme die Ausfahrgleise. Die übrigen Bahnen konnten deshalb teilweise nur verspätet das Depot verlassen und einige Ersatzwagenfahrten fielen auf den Stadtbahnlinien im morgendlichen Berufs- und Schülerverkehr aus. Für Verspätungen sorgten überdies gegen 7 und 8 Uhr zwei Stadtbahnwagen der Linie 1, die mit Türstörungen liegen geblieben waren. »Durch die starken Regenfälle am Samstag ist vermutlich Wasser in die beweglichen Teile eingedrungen«, erklärte der Sprecher der Stadtwerke, Wolfgang König. Gegen 9 Uhr verlief der Stadtbahnverkehr wieder weitgehend störungsfrei.
Die tiefsten Temperaturen dieses Winters führten dazu, dass das Zwanzigfache eines Sommertages an Erdgas (110000 Kubikmeter) und das Zehnfache an Fernwärme (217 Megawatt) in die Wohnungen gepumpt wurde. Müllwerker und Feuerwehr-Leitstelle (die Fahrzeughalle ist beheizt) meldeten keine Probleme. Auch der Umweltbetrieb der Stadt war, so André Möller, »bestens vorbereitet«. Selbst auf den Friedhöfen wurde gearbeitet. Beerdigungen wegen Frost im Boden zu verschieben, das gibt es nicht. »Notfalls nehmen wir dem Presslufthammer«, meinte Möller. Anders auf dem Bau. »Da arbeiten momentan nur die Maler und Fliesenleger«, betont Dirk Westerheide (40), Bauleiter der KG von Jürgen Kampmann, stellvertretender Obermeister der Baugewerbe-Innung.
Unterdessen weist die Stadt Bielefeld auf die Gefahren gefrorener Wasserflächen hin. 300 Teiche gibt es in Bielefeld. Wer sie betritt, tut dies auf eigene Gefahr. Pressesprecher Dietmar Schlüter: »Die Eisschicht auf fließenden Gewässern sollte niemals betreten werden.« Willkommen ist dagegen jedermann Donnerstag, 9. März, 19.30 Uhr, in der Altstädter Nicolaikirche. Dort veranstaltet der »Verein gegen Kälte« ein Konzert mit Thomas Beckmann zugunsten Obdachloser.

Artikel vom 24.01.2006