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Nun ist es schwer zu glauben, dass ein Mann vom Format eines Jürgen von der Lippe mit einem Abend auszukommen könnte, um all das zu beschreiben, was ihm lieb und teuer ist - inklusive seiner Lieblingsabneigungen. Doch der Komiker ist Profi genug, um quasi jede Sekunde seines neuen Programms zugunsten seines Publikums zu nutzen. Jedes Wort, jede Betonung, jede Pause zum Atemholen ist im Spannungsbogen verplant. Und so treffen seine scheinbar einfach daher kommenden Sätze stets ihr Ziel, die Lachmuskeln. Spitz genug sind seine Bemerkungen allemal.
Schließlich liebt Jürgen von der Lippe ja besonders den Unterschied zwischen Mann und Frau, den er übrigens niemals klein nennen würde. Im Gegenteil: Es ist für Jürgen von der Lippe ein schier unerschöpfliches Thema, das er in seiner neuen Show nicht nur mit dem Entwurf seiner Doktorarbeit zum Thema »Deutsche Männer- und Frauenwitze im Vergleich« wissenschaftlich vertieft, sondern auch mit rückwärts gesprochenen Originaltexten eines Pornofilms zum Höhepunkt führt.
Auch wenn es Kritiker gibt, die genau das an ihm nicht lieben: Jürgen von der Lippe steht zu seinen Sketchen, die gern auch unter die Gürtellinie gehen. »Tabubruch ist für mich Stilmittel, die Zote das Handwerkszeug«, sagt er ganz ernst und sieht nicht ein, warum Literaten und bildende Künstler sich mit dem Thema Sexualität beschäftigen dürfen, ein Komiker es hingegen bleiben lassen soll.
Bei seinem Publikum kommt Jürgen von der Lippe ohnehin so an, wie er ist. Seine Fans erfreuen sich an dem unterhaltsamen (scheinbaren) Chaos auf der Bühne, bei dem ihr Star im fließenden Wechsel von Standup Soli, Liedern und Parodien wahre Füllhörner von humoristischen Weisheiten und unerwarteten Pointen über den Zuschauern ausgießt.
Und spätestens nach zweieinhalb Stunden ist klar: Jürgen von der Lippe liebt Tourneen. »Live-Comedy auf der Bühne - das ist mein Beruf. Alles andere, einschließlich Fernsehen, ist nachgeordnet.«
Artikel vom 10.02.2006