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Irak: Zwei Deutsche entführt

Steinmeier: Ingenieure aus Sachsen - Dritter Mann konnte fliehen

Bagdad/Berlin (dpa). Knapp zwei Monate nach der Entführung der Archäologin Susanne Osthoff sind gestern im Irak zwei deutsche Ingenieure verschleppt worden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bestätigte am Abend Angaben der irakischen Polizei, nach denen die Deutschen in Bedschi entführt wurden.
Ein dritter Deutscher sei den Kidnappern entkommen, teilte ein Sprecher der irakischen Firma, bei der beide Männer gearbeitet hatten, mit. Nach Angaben aus sächsischen Regierungskreisen sind die beiden Ingenieure für die Anlagenbaufirma Cryotec aus Bennewitz bei Leipzig im Einsatz gewesen. Das Unternehmen wollte sich aber zunächst nicht zu der Entführung äußern. Die »Leipziger Volkszeitung« zitiert den Geschäftsführer der Firma, Peter Bienert, allerdings mit den Worten: »Mein Interesse ist, die Kollegen gesund und kurzfristig zurückzubekommen.«
Der Sprecher der Chemiefabrik, in der die beiden Männer arbeiteten, berichtete, mindestens sechs schwer bewaffnete Kidnapper hätten den Deutschen, die in einer irakischen Kaserne in Bedschi übernachtet hätten, am Morgen auf dem Weg zur Arbeit aufgelauert. Die Entführer seien in zwei Fahrzeugen vorgefahren und hätten Uniformen der irakischen Nationalgarde getragen. Sie zwangen die Deutschen nach Aussage des Sprechers, aus ihrem Auto auszusteigen, und fesselten ihnen die Hände. Dann hätten sie die Ingenieure in den Kofferraum ihrer zwei Autos geworfen und seien davongefahren.
Die Ingenieure seien mit einem weiteren deutschen Kollegen und einem Iraker unterwegs gewesen, sagte der Sprecher der arabischen Firma für Reinigungsmittel weiter. Den dritten Deutschen hätten sie verschont, weil sie ihn für einen Araber gehalten hätten. Die irakische Polizei hatte erst berichtet, die Entführer hätten traditionelle irakische Kleidung getragen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in Berlin, der Krisenstab im Auswärtigen Amt habe bereits getagt. »Wir sind bemüht, alle erreichbaren Informationen zu bekommen.« Ein Sprecher der US-Armee in Bagdad wollte zu einer möglichen Beteiligung von US-Truppen bei der Suche nach den Geiseln keine Angaben machen. Aus der sächsischen Staatskanzlei hieß es, bislang hätten 30 Informanten Hinweise zu der Entführung gegeben.
Osthoff war am 25. November als erste Deutsche seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein im Irak entführt worden. Am 18. Dezember wurde sie freigelassen. Das Auswärtige Amt rät in seinen Reiseempfehlungen für den Irak allen Deutschen dringend, das Land zu verlassen. »Das Risiko von Entführungen ist sehr hoch«, heißt es in der Reisewarnung.
Bedschi liegt mehr als 200 Kilometer nördlich von Bagdad im so genannten sunnitischen Dreieck. Rund um die Ölraffinerie von Bedschi befinden sich in einem Industriegebiet mehrere Betriebe der chemischen Industrie. In der Stadt hat es seit dem Sturz des Diktators Saddam Hussein zahlreiche Anschläge von Aufständischen und Terroristen gegeben. Saboteure hatten zudem mehrfach die Pipeline, die die Ölfelder von Kirkuk mit der Bedschi-Raffinerie verbindet, beschädigt.
S. 4: Hintergrund/Leitartikel

Artikel vom 25.01.2006