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Politik in »rheinischer Kurzfassung«

Fraktionsvize Wolfgang Bosbach hielt den Vortrag beim CDU-Neujahrsempfang


Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Wenn Wolfgang Bosbach, der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die Politik in der »rheinischen Kurzfassung« erklärt, dann ist das kurzweilig und mitunter überaus heiter, stimmt aber an den »richtigen Stellen« auch nachdenklich. Eine Kostprobe seines rhetorischen Talents gab der 53-jährige Politiker aus Bergisch-Gladbach am Samstag beim Neujahrsempfang der Bielefelder Christdemokraten.
Zunächst jedoch brachte Bosbach die örtliche CDU-Spitze ins Schwitzen: 400 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hatten sich pünktlich im Theaterlabor eingefunden - doch vom Referenten fehlte jede Spur. Der war zu lange bei einem Radiointerview »hängen geblieben«. Günter Kozlowski, inzwischen Staatssekretär im Landesverkehrsministerium und vormals Landtagskandidat im Bielefelder Norden sowie im Altkreis Halle, sprang ein und rettete die Situation mit einem spontanen Grußwort der Landesregierung.
Dann kam Bosbach. Am Beispiel der eigenen 96-jährigen Oma und der Tochter erläuterte er die Crux unseres Sozial- und Rentensystems, nicht ohne klare Botschaften an den Mann (und an die Frau) zu bringen. »Erst muss man etwas leisten, dann kann man sich etwas leisten«, lautete eine davon. Und dahinter verbarg sich: Um längere Wochen- und Lebensarbeitszeiten werden wir alle nicht herumkommen.
Auch ohne Steuererhöhungen werde es nicht gehen. Das Tafelsilber sei verkauft. »Der Bund hat noch ein paar T-Aktien und kann die Bahn an die Börse bringen, und dann ist die Messe gelesen.« Dabei stünden 195 Milliarden Steuereinnahmen 215 Milliarden laufenden Ausgaben gegenüber. »Dann ist aber noch keine einzige Investition getätigt.«
Eine Nachbesserung beim Arbeitslosengeld II müsse sein. »Die eigene Lebensverwirklichung darf nicht auf Kosten der Steuerzahler gehen«, erklärte Bosbach und will verhindern, dass junge Leute unter 25 »Hartz IV« nutzen, um daheim auszuziehen und sich die Wohnung vom Staat bezahlen zu lassen.
Eine klare Position bezieht der Rechtsexperte Bosbach auch in der Frage des Islamismus: »Das ist keine religiöse, sondern eine politische Bewegung.« Von deren 40 000 Anhängern in Deutschland könnten 3000 als militant eingestuft werden. Für Bosbach ist klar, dass im Lande nichts zu suchen habe, wer sich nicht an Recht und Gesetz hält.
Dass an den Wänden im Zuschauerraum des Theaterlabors großflächig das Wort »Feind« plakatiert war, lag an der Premiere von Molières »Menschenfeind« am Abend zuvor. »Wir wollen uns im Gegenteil das WM-Motto ÝZu Gast bei FreundenÜ zu eigen machen«, meinte CDU-Kreisvorsitzender Marcus Kleinkes. Allenfalls könnten alle gemeinsam im neuen Jahr zu »Feinden von Pessimismus und Unerhrlichkeit« werden.
Kleinkes begrüßte Bürgermeister Detlef Helling - OB David hatte einen Termin in Berlin -, aber auch die Vertreter der politischen Mitbewerber von SPD, Grünen und FDP, dazu ein breites Gästespektrum von IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Niehoff bis zu Franz Schaible (GAB) und Klaus-Peter Schöppner (Emnid). Sie erlebten Gershwin und Ellington, gespielt von den »Acht for Jazz«, einen Ausschnitt aus dem Beckett-Stück »Glückliche Tage« und den Imbiss eines Anbieters mit vielversprechendem Namen: »Gaumenfreude«. Politik

Artikel vom 23.01.2006