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Regierung will den Urheberschutz stärken

Privatkopie nicht immer legal - Verbraucherzentrale warnt

Von Thomas Lunk
Bielefeld (WB). Das geistige Eigentum stärken und den Kampf gegen Produktpiraterie erleichtern: Das will das Bundesjustizministerium mit einem überarbeiteten Urheberrecht erreichen. Das Ministerium sei aber weit über das Ziel hinaus- geschossen, kritisiert der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv).

»Bildung, Forschung und Unterricht werden ausgebremst, harmlose Nutzer von Privatkopien kriminalisiert«, warnt Patrick von Braunmühl, stellvertretender Vorstand des vzbv.
Die Verbraucherschützer kritisieren den entsprechenden Gesetzentwurf, der im Februar im Kabinett beschlossen werden soll, scharf: So sei die Beibehaltung des Rechtes auf Privatkopien ein bloßes Lippenbekenntnis. Faktisch schaffe die Novelle das Recht auf eine Kopie zum Beispiel von einer Musik-CD zur privaten Nutzung ab, kritisiert der Verband.
Tatsächlich zurrt der Referentenentwurf an einer Stelle das geltende Recht enger. Verboten war eine Kopie schon bislang, wenn die Vorlage rechtswidrig hergestellt wurde. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber die Nutzung illegaler Tauschbörsen im Internet unterbinden. Doch die Vorschrift greift zu kurz: Wenn sich jemand eine zulässige Privatkopie seiner nicht kopiergeschützten Musik-CD macht, handelt es sich eben nicht um eine rechtswidrig hergestellte Vorlage. Bietet er diese Kopie illegal im Internet zum Herunterladen an, wird diese »nur« rechtswidrig genutzt. So handelt der Anbieter offensichtlich illegal, der Nutzer aber, der die Musik auf seine Festplatte kopiert, ist schwer zu packen.
Zukünftig soll gelten: Wenn für den Nutzer der Tauschbörse offensichtlich ist, dass es sich um ein rechtswidriges Angebot im Internet handelt, darf er keine Privatkopie davon herstellen. Beispiel: Ein in Tauschbörsen angebotener, kommerzieller Kinofilm entstammt offensichtlich einer rechtswidrigen Quelle, denn vor dem Kinostart ist keine Kopie eines Kinofilms legal erhältlich.
Den »Knackpunkt« der Regelung sehen die Verbraucherschützer in dem Begriff »offensichtlich rechtswidrig«. Wie soll der Verbraucher prüfen, ob eine im Internet angebotene Datei legal angeboten wird? »Hier findet eine Verlagerung der Verantwortlichkeit für die Beachtung von Urheberrechten vom Anbieter zum Nutzer statt, die völlig inakzeptabel ist«, sagt von Braunmühl.
Verboten ist und bleibt die Privatkopie zudem, wenn dafür ein Kopierschutz »geknackt« werden muss. Zudem wird das Recht des Verbrauchers durch das sogenannte Digital Rights Management (DRM) beschnitten. So beschränken DRM-Systeme die Möglichkeit, digitale Inhalte zu speichern oder zu kopieren. Sie können die Dateien mit einer unsichtbaren Markierung versehen und ermöglichen es so, den Weg jedes einzelnen Titels zu verfolgen.
Das Urheberrecht verbietet es, DRM-Systeme auch für private Kopien zu umgehen. Der vzbv befürchtet, dass DRM vielen Menschen den Zugang zu Informationen auch aus Wissenschaft und Kultur verwehrt, wenn sie dafür nicht zahlen wollen - oder können.
Öffentlichen Bibliotheken und - neu im Regierungsentwurf - auch Museen und Archiven soll es erlaubt werden, ihre Bestände auch an elektronischen Leseplätzen zu zeigen. Der elektronische Versand von Dokumenten, also die »digitale Fernleihe«, ist nur gestattet, wenn die Verlage kein eigenes elektronisches Angebot bieten.
Überarbeitet worden sind auch die Regelungen für die Pauschalvergütung als Ausgleich für die Privatkopie; also die entsprechende Abgabe, die auf Geräte erhoben wird, die für die Vervielfältigung von Medien geeignet sind. Und die am Ende der Verbraucher zahlt. Im Prinzip will der Staat die Festlegung der Höhe der Vergütungssätze den Beteiligten überlassen: den Interessenvertretungen der Autoren, Musiker und Künstler sowie der Geräte-Industrie. Die Höhe der Vergütung will der Staat allerdings begrenzen.
Die Forderung vieler Schulen und der Kultusministerkonferenz, endlich für Rechtssicherheit bei der Nutzung digitaler Werke im Unterricht zu sorgen, wird schlicht übergangen. Die bestehende Regelung ist bis Ende 2006 befristet. Seite 2: Leitartikel

Artikel vom 23.01.2006