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»Wenn du dich äußertest, hat man zugehört«

Vizekanzler würdigt Elfriede Eilers

Von Elke Wemhöner
Bielefeld (WB). Eine launige Rede von Vizekanzler Franz Müntefering, ein in Bronze gegossenes Geschenk und ein ironisch-heiteres Musik- und Wortprogramm waren am Samstag die Höhepunkte der Geburtstagsfeier zu Ehren von Elfriede Eilers. Die 85-jährige immer noch engagierte Sozialdemokratin und AWO-Ehrenvorsitzende genoss das Fest. Nach der Enthüllung der Skulptur »Die Wartende«, die im Außenbereich des Elfriede-Eilers-Zentrums an der Detmolder Straßen ihren Platz erhalten soll, war die Bielefelderin sichtlich gerührt.

Mit einer Mischung aus Nachdenklichkeit und Amüsiertheit verfolgte die Hauptperson dieses Vormittags die Festansprache von Franz Müntefering, der die streitbare Politikerin in ihrer aktiven Zeit kennengelernt hatte: Sie als parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion in der ersten Reihe im Bonner Bundestag, neben Herbert Wehner, er damals - so Münteferings Worte - ein Hinterbänkler.
»Bannigen Respekt« habe man vor beiden gehabt. Respekt, aber auch Bewunderung klang in den Worten im sehr persönlichen Teil der Rede an. Eine gewachsene Autorität habe sie ausgezeichnet - jenseits von Titeln und Ehrenzeichen. »Wenn du dich geäußert hast, hat man dir zugehört.«
Das unbeirrrte soziale Engagement der Bielefelderin nutzte Müntefering als inhaltliche Brücke, um auf den heutigen Zustand in unserer Gesellschaft einzugehen. »Politik kann viel, aber längst nicht alles. Der Kitt sind die, die sich engagieren«, betonte der Arbeits- und Sozialminister. Soziale Sicherungssysteme hält er für unverzichtbar und nennt Solidarität als wichtige Voraussetzung. »Die Werte stehen, die Ziele bleiben.« Die Instrumente, mit denen man etwas erreichen könne, seien jedoch andere geworden.
Müntefering ist zuversichtlich, dass die Menschen Wege finden, in einer globalisierten Welt zurechtzukommen. Zu achten sei allerdings darauf, dass die Interessen der Menschen beim Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung nicht verloren gehen. Die Große Koalition sei keine leichte Aufgabe, meinte der Vizekanzler weiter: »Wir werden nicht damit spielen.«
Sozialdemokratische Positionen vertrat er dennoch deutlich, sprach sich gegen Niedriglöhne aus und streifte auch den Aspekt der demographischen Entwicklung unserer Gesellschaft. Seine Feststellung zu aktivem Mittun: »In Deutschland gibt es zu viele, die auf der Tribüne sitzen und zugucken. Und zu wenige, die in die Manege gehen und anpacken.«
In die frei gehaltene Rede schob Franz Müntefering immer wieder humorige Bemerkungen ein, kokettierte auch ein wenig mit seiner Herkunft (»für vieles reicht die Volksschule Sauerland«) und hatte die Lacher vollends auf seiner Seite, als er von einem Geburtstagsgeschenk seiner Krankenkasse berichtete: Die Schachtel Zigarillos müsse wohl vor dem Hintergrund seines bereits erreichten Alters gesehen werden.
Wie bereits zum runden 80-jährigen Geburtstag hatten die Mitarbeiter des AWO-Bezirksverbandes Ostwestfalen für Elfriede Eilers eine stilvolle Feier vorbereitet. Dass im offiziellen Programm auch Zeit zum Plaudern war, freute besonders jene, die sich lange Zeit nicht gesehen hatten. Norbert Wellmann, AWO-Vorsitzender in Ostwestfalen-Lippe, hatte die Begrüßung übernommen. Neben dem prominenten Festredner und dem Bundesvorsitzenden der AWO, Wilhelm Schmidt, waren auch SPD-Politikerin Anke Fuchs und zahlreiche Parteifreunde aus der Region gekommen, dazu zahlreiche Vertreter des öffentlichen Lebens in Bielefeld.
Für diesen Kreis erwähnte Wellmann unter anderem die Elfriede-Eilers-Stiftung, die Modelle zur Behebung von Bildungs- und Entwicklungsdefiziten fördert. Das Geburtstagskind hatte gebeten, auf Geschenke zu verzichten und statt dessen für ihre Stiftung zu spenden. So blieb - neben einer von der Künstlerin Jeanette Giese (Chansontheater fortepiano) überreichten CD - die Bronzeskulptur das einzige Präsent.
Elfriede Eilers, die Künstler und ihre Arbeit aktiv fördert, kennt dieses Kunstwerk seit vielen Jahren und hatte immer wieder gesagt, es dürfe nicht verloren gehen. Zuletzt stand es vor dem AWO-Haus in Remagen und wird einen neuen Standplatz auf dem Gelände des Elfriede-Eilers-Zentrums bekommen. Die Skulptur »Die Wartende«, die eine junge Frau zeigt, wurde von Hans Erhardt geschaffen.

Artikel vom 23.01.2006