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Zwei Kinder als Opfer
von Vater und Sohn

Neun Jahre und drei Monate für Kraftfahrer

Bielefeld/Herford (uko). Nach dem eigenen Sohn ist nun auch der Vater wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden: Der Bielefelder Erich F. soll neun Jahre und drei Monate hinter Gitter. Wie sein Sohn, der sechseinhalb Jahre absitzen soll, hatte er unter anderem ein Mädchen aus Herford missbraucht.

Beiden Urteilen zugrunde liegen die schier desolaten Verhältnisse der Familien der Täter und der Opfer. Der 56-jährige Kraftfahrer Erich F. hatte zunächst in den Jahren 1995 und 1996 das Kind von Freunden zweimal missbraucht und vergewaltigt. Hilferufe der heute 20 Jahre jungen Frau verpufften. Ob ihre Angehörigen die Vorwürfe nicht registrierten oder nicht wahrhaben wollten, ließ die 3. Strafkammer des Landgerichts am Freitag in der Begründung offen.
Tatsächlich war Erich F. bereits 2005 von einer anderen Kammer des Landgerichts zu vier Jahren Gesamtstrafe wegen dieser Taten verurteilt worden. Da der Bundesgerichtshof diesen Spruch aufgehoben hatte, mussten die Fällen nun erneut mitverhandelt werden. Kammervorsitzender Reinhard Kollmeyer machte gestern keinen Hehl daraus, dass sein Gericht für jeden der Einzelfälle ein höheres Maß als die Gesamtstrafe gefunden hätte.
Überdies hatte sich Erich F. noch über die heute erst 12-jährige Vanessa V. (Name des Opfers geändert) hergemacht. Das Kind ist die Schwester des Jungen, der seinerseits Opfer des Sohnes des gestrigen Angeklagten war. Tatorte waren unter anderem die Bielefelder Wohnung des Kraftfahrers, eine Art Unterstand in einem Wald und das Herforder Freizeitbad. Insgesamt listete Staatsanwältin Ute Beckmann 15 Übergriffe auf. Die zynische Bemerkung des Angeklagten, er habe »Liebe geben wollen«, konterte Ute Beckmann in ihrem Plädoyer mit der Entgegnung einer passenden Aussage des Opfers: »So etwas dürfen Erwachsene mit Kindern nicht machen«, hatte Vanessa V. gesagt. Schlimmer noch. Erich F. hatte sogar angekündigt, das halbwüchsige Mädchen zur Mutter machen zu wollen . . .
Die Strafkammer unterbot den Antrag der Staatsanwältin (neun Jahre und neun Monate) um ein halbes Jahr. Kollmeyer brandmarkte trotz des Geständnisses des Angeklagten - das allerdings früher hätte kommen können - besonders, Erich F. habe den Kindern die »Erfahrung unbeschwerter Sexualität zerstört«. Sein erstes Opfer leidet heute als junge Frau massiv unter den Übergriffen. Eine Beziehung ist für sie ebenso wenig möglich wie überhaupt die körperliche Nähe eines Mannes.
Von der Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen Erich F. sah das Landgericht gestern ab. Die Voraussetzungen dafür, so Kollmeyer, seien »zweifelhaft«. Im übrigen sei der Bielefelder therapiebereit.

Artikel vom 21.01.2006