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HartzIV lässt Mieten steigen

Billig-Wohnungen gefragt - Kritik an LEG-Verkauf

Von Andreas Kolesch
Bielefeld (WB). Hartz IV lässt die Mieten steigen - und zwar ausschließlich für Wohnungen von einfacher und mittlerer Qualität. Das hat der Mieterbund Ostwestfalen-Lippe festgestellt.
Anke Fuchs warnt vor der Privatisierung von 110 000 Wohnungen.
Das Land solle deshalb auf den geplanten Verkauf von 110 000 Wohnungen der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) verzichten, forderte die Präsidentin des Deutschen Mieterbundes, Anke Fuchs, am Samstag in Bielefeld.
Der Bielefelder Mietspiegel 2005/2006 weist eine Preiserhöhung um durchschnittlich 3,2 Prozent aus. Die gerade erst aktualisierten Vergleichslisten für Lippstadt und Oelde nennen Mietsteigerungen von durchschnittlich 2,8 und 2,0 Prozent.
Wer Arbeitslosengeld II bezieht, dem wird die Miete nur noch in begrenzter Höhe erstattet - in Bielefeld etwa gelten dem Mieterbund zufolge nur noch Preise von bis zu 4,64 Euro je Quadratmeter als angemessen. Wer teurer wohnt oder mehr Wohnfläche nutzt, als ihm nach Hartz IV zugestanden wird, muss mit geringeren Zuschüssen rechnen oder gar umziehen. Bundesweit seien etwa 500 000 Bezieher von Arbeitslosengeld II aufgefordert worden, ihre Wohnungskosten zu senken. »Dadurch wächst die Nachfrage nach preiswerten Wohnungen«, sagte OWL-Mieterbundgeschäftsführer Joachim Knollmann.
»Die noch drei Millionen Wohnungen im öffentlichen Eigentum stellen ein einzigartiges Sozialkapital dar. Sie dürfen nicht verramscht werden«, kritisierte Mieterbund-Präsidentin Anke Fuchs den geplanten Verkauf der LEG-Wohnungen, darunter etwa 1800 im Raum Bielefeld.
Allein im vergangenen Jahr hätten internationale Fonds und Kapitalgesellschaften wie Annington, Fortress, Cerberus und Corpus mehr als 200 000 Wohnungen in Deutschland gekauft. »Für internationale Finanzinvestoren sind Wohnungen reines Wirtschaftsgut und Renditeobjekt«, sagte Anke Fuchs. Deshalb bestehe die Gefahr, dass durch teure Modernisierungen zur Vorbereitung von Verkäufen angestammte Mieter verdrängt würden. Andererseits drohe ein Verfall solcher Häuser, die nicht als leicht verwertbar eingestuft werden. Zudem leide auch das örtliche Handwerk, denn internationale Wohnungsgesellschaften arbeiteten mit eigenen, billigeren Kräften.
Dauerthema bei den Beratungen des Mieterbundes bleiben fehlerhafte Nebenkostenabrechnungen Jede zweite der mehr als 7000 Betriebskostenaufstellungen seien nicht korrekt gewesen, berichtete Knollmann. Der Mieterbund Ostwestfalen-Lippe zählt mittlerweile 19 000 Mitglieder. Noch in diesem Jahr soll in Höxter die 13. Beratungsstelle in der Region eröffnet werden.

Artikel vom 23.01.2006