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Ganz London
im Wal-Fieber

Meeressäuger schwimmt in der Themse

London (dpa). Big Ben hat Konkurrenz bekommen: Mitten in London tauchte am Freitag ein sechs Meter langer Wal in der Themse auf.
Oft näherte sich der Entenwal gefährlich dem Ufer. Foto: Reuters
Zur Begeisterung von unzähligen Passanten und Touristen schwamm das Tier vorbei an den Sehenswürdigkeiten der britischen Hauptstdt den Fluss hinauf. Im britischen Fernsehen wurde das Ereignis stundenlang live übertragen. Die Flusspolizei versuchte gemeinsam mit Experten und Tierschützern, den Meeressäuger zur Umkehr zu bewegen.
Nach Angaben des britischen Museums für Naturgeschichte ist es das erste Mal seit Menschengedenken, dass sich ein solcher Wal von der Nordsee in die Themse verirrt. Bei dem Tier handelt es sich vermutlich um einen so genannten Nördlichen Entenwal (Hyperoodon ampullatus) aus der Gattung der Schnabelwale.
Unzählige Schaulustige säumten die Themse, als die Nachricht vom ungewöhnlichen Besuch die Runde gemacht hatte. Viele mussten laufen, um mit dem Tier Schritt zu halten. Der Wal kam bis auf wenige Meter ans Ufer heran.
Der Augenzeuge Tom Howard-Vyne berichtete: »Ich habe gesehen, wie er eine Fontäne Wasser in die Luft schießen ließ. Es war ein sagenhafter Anblick.« Die Polizei schickte ein Patrouillenboot, das den Wal vor allzu neugierigen Skippern schützen sollte und den Schiffsverkehr auf der Themse um den schnaufenden Riesen herum leitete. Trotzdem stieß der Wal mit einem Boot zusammen, setzte dann aber seine Reise fort.
Die meisten Experten verfolgten die Reise des Wales unterdessen mit Sorge. »Unsere größte Angst ist, dass er durch die vielen Boote und Schiffe in Stress gerät«, sagte Liz Sandeman von der Walschutzorganisation Marine Connection.
Andere Experten erklärten, die Überlebenschancen des Wals seien gering, wenn er nicht bald den Weg zurück ins offene Meer finde. Dazu müsste er allerdings Dutzende Kilometer zurück in die Nordsee schwimmen.
Der Nördliche Entenwal gehört zur Gattung der Schnabelwale. Sie werden sechs bis acht Meter lang. Entenwale leben normalerweise in kleineren Gruppen auf dem offenen Meer und meiden die Nähe der Küsten. Auch in Deutschland sorgten verirrte Wale schon mehrfach für Aufregung. 1966 tauchte auf der Höhe von Bonn sogar einmal ein Beluga-Wal im Rhein auf.
l Der in der vergangenen Woche vor Stralsund an der deutschen Ostseeküste gestrandete Finnwal ist vermutlich an Stress gestorben. Das knapp 17 Meter lange Weibchen habe sich auf einer Sandbank im flachen Küstengewässern festgeschwommen und sei dort aus Panik verendet, sagte ein Experte des Meeresmuseums in Stralsund.

Artikel vom 21.01.2006