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Damit Essen nicht nur
Nahrungsaufnahme ist

Bernhard Kampmann kocht mit Kindergarten-Kindern

Von Markus Poch
(Text und Fotos)
Senne (WB). Sonst bereitet er internationale Spezialitäten für den anspruchsvollen Gaumen, am Freitag drehte sich alles um die »schnöde« Nudel: Zusammen mit 23 Jungen und Mädchen des St.-Bartholomäus-Kindergartens in Senne machte Küchenmeister Bernhard Kampmann vom Queller Restaurant »Schlichtehof« frische Spaghetti.

Die Drei- bis Sechsjährigen staunten nicht schlecht, wie sie unter seiner Anleitung aus ein bisschen Mehl und ein paar Eiern ihr eigenes Mittagessen herstellen konnten. »Ich wollte hier keinen Vortrag halten, sondern jedes Kind sollte tatsächlich selbst seine Spaghetti machen«, sagte Kampmann. »Ich liebe meinen Beruf und habe immer das Anliegen, ein größeres Bewusstsein für das Rohprodukt zu wecken, damit Essen zum Erlebnis wird. Bei vielen Menschen dient es ja heute leider nur noch der Nahrungsaufnahme.« Um die Geschmacksnerven ein bisschen auf Vordermann zu bringen, machte der 40-Jährige Restaurant-Chef mit den Kindern der Eichhörnchengruppe zunächst eine Blindverkostung. Kleine Stücke von Erdbeere, Banane, Apfel, Birne, Ananas, Passionsfrucht & Co. sollten mit verbundenen Augen allein am Aroma erkannt werden. Naturgemäß wurden die Erdbeeren bei diesem Test nicht besonders alt. Die Passionsfrüchte dagegen schon. Dennoch waren die beiden verantwortlichen Erzieherinnen Bernadette Meyers und Christine Mahnken stark davon beeindruckt, wie viel Obst selbst die Kinder plötzlich aßen, die sonst eher auf Schokolade stehen. Dann packte Kampmann die Nudelmaschine aus, stellte Eier und Mehl auf den Tisch. Die Kleinen durften ihren eigenen Teig kneten, ihn ausrollen und in die Maschine schieben. Die empfindlichen Spaghetti, die beim Kurbeln auf der anderen Seite heraus kamen, trugen sie behutsam auf dem Handrücken zur »Leise-Ecke«. Dort, auf einem zwischen zwei Stühlen liegenden Besenstiel, war das Zwischenlager für die kleinen Portionen. Gekocht wurden anschließend alle Nudeln in einem großen Topf.
»Die Kinder sind sehr geschickt, interessiert und begeisterungsfähig, deswegen macht mir die Arbeit mit ihnen auch so viel Spaß«, erklärte Kampmann. »Aber in ÝFastfood-ZeitenÜ gehen leider viele wichtige Erfahrungen verloren.« Erzieherin Bernadette Meyers konnte das bestätigen: »Wenn früher eines der Kinder Geburtstag hatte, dann brachte es oft einen Kuchen mit, den es zu Hause mit seiner Mutter selbst gebacken hatte. Heute gibt es eine Fertigtorte aus der Kühltruhe oder eine Familienpackung Eis - weil es eben schnell und einfach ist.«

Artikel vom 21.01.2006