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Eine Frau sucht
die große Liebe

Neuer Fortsetzungsroman beginnt

Bielefeld (WB/kol). Eine Frau sucht ihren Weg in die Moderne. Anna, die Gutbesitzerstochter, fühlt sich von der aufkeimenden Emanzipationsbewegung des frühen 20. Jahrhunderts gleichermaßen angezogen wie von der traditionellen Frauenrolle. Wie wird sich die junge Frau entscheiden? Autorin Hertha Koenig starb vor 30 Jahren.

Von Montag an ist Annas Geschichte nachzulesen im neuen Fortsetzungsroman »Die kleine und die große Liebe«.
33 Jahre als war Hertha Koenig, als 1917 ihr zweiter Roman erschien. Geboren und aufgewachsen auf Gut Böckel in Rödinghausen (Kreis Herford), galt die Gutsherrin, Kunstsammlerin und Autorin in den 1920er Jahren neben Ricarda Huch als bedeutsamste deutsche Lyrikerin.
»Die kleine und die große Liebe« spielt in der ostwestfälischen Heimat der Autorin. Der Landsitz Brakenhorst, auf dem Romanheldin Anna aufwächst, steht für unverkennbar das Gut Böckel in Rödinghausen. Aberglauben und Gottesfurcht sind hier ebenso verwurzelt wie eine tiefe Naturverbundenheit. Hier murmelt der Bach in der Fohlenweide, auf der sich Anna so wunderbar geborgen fühlt, hier lebt ihr Vetter Erli, mit dem sie ihre Kindheit teilt.
Doch dann gibt es noch die andere, die moderne Welt, aus der Annas Freundin Brigitte stammt. Brigitte hat sich entschieden. Für einen Beruf. Für die Emanzipation. Brigitte studiert Medizin in Berlin. Liebe? Ehe? Nicht für Brigitte!
Anna hingegen glaubt fest daran, dass es sie geben muss, die große, ehrliche Liebe. Doch wem soll sie ihr Herz schenken? Dem feinsinnigen Kunstmaler Walström, der sie umwirbt? Erlis Freund Walter, mit sie sie wunderschöne Ferientage verbracht hat? Am Ende findet Anna die ersehnte, große Liebe dort, wo sie sie am wenigsten erwartet hatte.
Damit unterscheidet sich die Romanheldin von ihrer Erfinderin. Herta Koenig war bereits vor Erscheinen des Romans von dem 20 Jahre älteren Literaturwissenschaftler Roman Woerner geschieden worden. Sie hätten Freundschaft mit Ehe verwechselt, schrieb sie später über das Scheitern der Beziehung. Ihre Leidenschaft für den baltischen Dichter Otto von Traube blieb unerwidert. Herta Koenig lebte bis zu ihrem Tode allein. Von 1905 bis 1921 lebte sie in München, wo sie einen literarischen Salon gründete. Zu ihrem Freundeskreis zählten neben den Schriftstellern Oskar Maria Graf und Alfred Schuler auch der Dichter Rainer Maria Rilke, der ihr die fünfte seiner »Duineser Elegien« widmete und sie 1917 auch auf Gut Böckel besuchte.
Das Gau, dessen bis heute erhaltene Barockanlage im Jahre 1682 entstand, ist seti 1991 im Besitz von Dr. Ernst Leffers. In dem behutsam restaurierten Gebäudeensemble finden Lesungen und Konzerte statt.
Am 12. Oktober jährt sich der Todestag von Hertha Koenig zum 30. Mal. Die Sparkasse Herford widmet der Autorin von Mitte September bis Mitte Oktober eine Ausstellung mit Fotos, Gemälden und Original-Manuskripten.
»Die kleine und die große Liebe« von Hertha Koenig, erschienen im Bielefelder Verlag Pendragon, 15,40 Euro

Artikel vom 21.01.2006