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»Wir dürfen den
Mut nie verlieren«

Initiative informiert über seltene Krankheit

Von Bernd Steinbacher
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). »Ich brauche dringend Hilfe. Man will mir meine achtjährige Tochter wegnehmen, weil ich noch nicht nachweisen kann, ob sie auch EDS hat, sie aber schon so behandele und zu schützen versuche, als hätte sie EDS. Ich habe selbst EDS, schon stark ausgeprägt. Man meint sogar, wenn ich so schwer krank sei und nicht ÝnormalÜ leben könne, dann könne ich auch kein Kind aufziehen.«

Das schreibt eine von der seltenen Krankheit Ehlers-Danlos-Syndrom betroffene Frau. Sie sucht Hilfe bei der Initiative mit Sitz in Schloß Holte-Stukenbrock.
Seit zehn Jahren ist Ursula Pankoke Bundesvorsitzende der Ehlers-Danlos-Initiative, die sich um Beratung und Aufklärung von Betroffenen, aber auch von Ärzten und Behörden kümmert. »Wir dürfen den Mut nie verlieren«, betont Ursula Pankoke. Sie hat selbst mit der seltenen Bindegewebskrankheit zu kämpfen und gehörte deshalb im Februar 1996 zu den fünf Gründungsmitgliedern der Initiative.
Einige Monate später übernahm sie den Vorsitz des Vereins und ist seitdem der Motor. Unermüdlich kümmert sie sich um Betroffene, organisiert Vorträge, besucht Fachmessen und Kongresse, um über die Krankheit aufzuklären.
»Die Unwissenheit selbst bei vielen Ärzten über das Ehlers-Danlos-Syndrom ist groß«, hat die Vorsitzende festgestellt. Viele Betroffene schildern ihr die Odyssee von Arzt zu Arzt, bis die Diagnose EDS lautet.
Aufklärung ist deshalb die wichtigste Aufgabe: »Ich habe das Ziel erreicht. Im Dezember ist ein Buch über das Ehlers-Danlos-Syndrom erschienen.« Es kostete sehr viel Kraft und Mühe, doch dank der umfangreichen ehrenamtlichen Arbeit von Professor Wolfgang Steinhilber aus Berlin konnte die Buch-idee verwirklich werden. Der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg ist der Autor, trug das aktuelle Wissen über die Krankheit und Hilfsmöglichkeiten zusammen, übersetzte dazu auch Veröffentlichungen aus dem Ausland. Erschienen ist das Buch »Ehlers-Danlos-Syndrom« in der Schriftenreihe der Bundesarbeitsgemeinschaft »BAG Selbsthilfe«, finanziert durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung.
In der Initiative sind mittlerweile etwa 300 Mitglieder organisiert. Da oft mehrere Familienmitglieder erkrankt sind, ist von etwa 1000 Betroffenen auszugehen. Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es 100 organisierte Familien mit ein oder mehren Ehlers-Danlos-Fällen. Der Vereinsvorstand besteht derzeit aus sechs Mitgliedern. »Und es gibt mittlerweile mehrere Regional- und Ortsgruppen, die sich bemühen, den Betroffenen beizustehen«, betont Ursula Pankoke.
Unterstützung erhält die Initiative auch durch Krankenkassen, ehrenamtliche Mitarbeit und Spenden. Doch die Bürokratie nimmt zu viel Zeit in Anspruch. »Um Gelder zu erhalten, muss viel Papier ausgefüllt und über die Verwendung genau Nachweis geführt werden. Das ist ehrenamtlich kaum zu schaffen, da ja im Vordergrund die Betreuung der Kranken steht«, betont die Bundesvorsitzende. Doch Geld, selbst für eine Halbtagskraft, fehlt. »Bezahlten wir jemanden, könnten wir keine Info-Broschüren mehr herausgeben oder Weiterbildungen nutzen.«
Dennoch ist Ursula Pankoke mit dem bisher Erreichten zufrieden: »Ich bin stolz auf das, was wir bewegt haben.« Mut macht ihr zum Beispiel die Familie Blank aus Roth in Bayern. Sie organisiert in der Kulturfabrik verschiedene Benefiz-Konzerte. Das Geld kommt der Ehlers-Danlos-Forschung in Heidelberg und Martinsried zugute, damit Betroffene bessere Hilfe erhalten können.

Artikel vom 28.01.2006