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Kinderherz-Doktor
und Mutmacher

Prof. Deniz Kececioglu hilft auch den Eltern

Bad Oeynhausen (WB). 3000 ambulante Untersuchungen pro Jahr, 400 Katheter-Eingriffe, 300 Operationen: Tausende von Eltern setzen jedes Jahr ihre ganze Hoffnung in die Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern der NRW-Kinderherzklinik Bad Oeynhausen. Mit ihrem neuen Direktor Prof. Dr. Deniz Kececioglu sprach Christian Althoff.

Prof. Kececioglu, sind Sie ein Mutmacher?Deniz Kececioglu: Auf jeden Fall! Ich habe gerade ein Buch gelesen, in dem es heißt, die Hauptaufgabe des Arztes sei es, dass sich der Patient nach jedem Arztbesuch besser fühlt, und ich denke, das stimmt. Die ärztliche Hilfestellung kann nicht nur eine rein medizinische sein, im Gegenteil: Wir können ja gar nicht immer die großen Retter sein. Aber wir können Eltern und Kindern mit Zuwendung beistehen. Der Slogan »High Tech und menschliche Wärme«, den mein Vorgänger Prof. Meyer für die Oeynhauser Kinderherzklinik geprägt hat, trifft die Sache auf den Punkt.

Mutmachen ist also ein Berufsbestandteil?Deniz Kececioglu: Ich würde es sogar als notwendige Voraussetzung für jeden bezeichnen, der Medizin studiert. Als ich vor Jahrzehnten vor der Überlegung stand, Arzt zu werden, war das keine Frage des Numerus Clausus, den ich in der Tasche hatte.
Ich habe mich vielmehr gefragt, ob ich meine Patienten auch lieben kann. Ich habe ein sechsmonatiges Praktikum absolviert, und dann die Frage bejaht.

Und heute machen Sie Ihren Patienten täglich Mut? Deniz Kececioglu: Natürlich! Wir hatten gerade eine sehr krankes Kind, bei dem ich aber die Hoffnung hatte, wir könnten es noch retten. Ich habe mich geirrt, und wir haben es eine Woche später verloren. Aber meine ehrliche Zuversicht hat den Eltern in der schlimmen Zeit geholfen. Sie wussten: Alle auf der Station stehen ihnen bei, egal was auch passiert. Natürlich macht mich der Tod eines so kleinen Patienten traurig - aber eben nicht mutlos.

Denn Ihre Hoffnung und Ihr Optimismus sind sind ja auch nicht immer unbegründet. . . Deniz Kececioglu: Gott sei Dank nicht! Die Medizin ist heute glücklicherweise so weit, dass 90 Prozent aller Kinder, die mit einem Herzfehler auf die Welt kommen, das Erwachsenenalter erreichen. Das ist eine Chance, von der wir in den 70er und 80er Jahre nur träumen konnten.

Brauchen Sie selbst manchmal jemanden, der Ihnen Mut macht? Deniz Kececioglu: Ja. Um mich oder meine Familie sorge ich mich eigentlich nicht, da bin ich Optimist. Es gab aber beispielsweise in Freiburg, wo ich zuletzt gearbeitet habe, Situationen, in denen ich fürchtete, meine Arbeit im Interesse der Patienten nicht so machen zu können, wie ich es wollte. Etwa dann, wenn ein sehr fähiger Kollege die Klinik verlassen hatte. Da war es schon wichtig für mich, dass mich sehr gute Freunde und meine Familie wieder aufgebaut und mir Mut gemacht haben.

Artikel vom 28.01.2006