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Jetzt kommt Wertvolles
von den heimischen Höfen

Obst und Gemüse ist teuer, aber Qualität bleibt gefragt


Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Bevor der Euro kam, wollten die Händler für 100 Gramm Feldsalat 1,29 D-Mark haben - jetzt kostet das Grün 1,49 Euro. Ein Blumenkohl dürfte maximal zwei Euro wert sein, muss aber für 50 Cent mehr verkauft werden. Zwei von vielen Faktoren, die Gesundes teuer machen. Bielefelds Obst- und Gemüsehändler müssen ganz schön findig sein, um ihre Kunden zu halten.
Am Stand von Rainer Drewski, der auf dem Siegfriedmarkt Leckeres vom Apfel bis zur Zitrusfrucht anbietet, berechnete ein Stadtbediensteter den Stromverbrauch für die Beleuchtung - und schraubte prompt die Standmiete hoch. »Die hohen Benzinpreise schlagen sich ebenfalls auf die Transportkosten nieder, und die Ware verteuert sich weiter«, sagt Drewski. »Kühle Witterung in den Erzeugerländern treibt dort die Heizkosten hoch - und wieder trifft es den Endverbraucher.«
Wenn dann die Kunden so sauer reagieren, wie es die Zitronen sind, empfehlen Drewski und seine Kollegen mit dem besten Tipp überhaupt: Saisonale Feldfrüchte, vorzugsweise aus der Region, schmecken perfekt und sind für reelle Preise zu haben. »Diese Produkte decken doch auch den Vitaminbedarf«, sagt Josef Claas, der mit »gutem Geld« für heimische Qualitätsware ausgleichen muss, was er im Falle von Ernteerzeugnissen aus Südeuropa wegen knapper Verdienstspannen verliert.
»Auf meinem Hof produziere ich letztlich nur die Mengen, die ich auch verkaufen kann«, berichtet Claas und schimpft über die EU-Subventionspraxis, die den Kleinen in der Branche schadet, aber keineswegs die Qualität von Kartoffel, Wirsing und Co. fördert.
Oliver Schulte, für den Hofladen Meyer zu Bentrup tätig, ahnt, dass viele Marktbesucher längst in die Supermärkte abgewandert sind. Zu Recht? »Die sollten mal im Ausland, in Italien zum Beispiel, auf die Preise gucken. Spätestens dann würden sie merken, wie günstig wir hierzulande Obst und Gemüse anbieten.«
Wozu wir denn dann überhaupt die grenzenlose EU hätten, fragt erbost eine Kundin. Und Karin Berwing und Manfred Hertel, die vier bzw. zwei Kinder großgezogen haben, wissen: »Jetzt, als Singles, können wir uns erst wirklich das qualitätvolle Essen leisten, das wir uns in der großen Familie oft versagen mussten.«

Artikel vom 21.01.2006