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Harsche Kritik am
Einbürgerungstest

Kontroverse Debatte im Bundestag

Berlin (dpa). Der seit Jahresanfang in Baden-Württemberg geltende Einbürgerungstest stößt im Bundestag auf breite Ablehnung. Heribert Rech: Der Test gilt für alle.

Lediglich die Union verteidigte gestern den strittigen Gesprächsleitfaden, in dem Kritiker eine Diskriminierung von Muslimen sehen. Der Antrag der Grünen, die Bundesregierung solle auf eine Änderung hinwirken, fand dennoch keine Mehrheit, obwohl die Koalitionspartner CDU/CSU und SPD unterschiedlicher Meinung waren. Nur die Linkspartei unterstützte diesen Vorstoß.
Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) wies die Kritik an dem Gesprächsleitfaden zurück, der unter anderen auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Haltung zur Religionsfreiheit oder zur Homosexualität eingeht. »Die deutsche Staatsangehörigkeit darf es nicht zum Nulltarif geben.« Rech sprach von massiven Fehlinterpretationen. Der Einbürgerungstest gelte nicht nur für Muslime, sondern für alle. Er fügte an: »Wir dürfen aber nicht ausblenden, dass es bei Angehörigen islamischer Staaten Strömungen gibt, die in ihrer Haltung mit den Werten des Grundgesetzes und der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stehen.«
Unterstützung erhielt Rech vom baden-württembergischen CDU-Abgeordneten Clemens Binninger. Im Leitfaden tauche nicht einmal das Wort Muslim auf, auch werde nicht einmal nach einer bestimmten Religion gefragt.
Der SPD-Innenpolitiker Michael Bürsch verwarf den Fragebogen als Gesinnungstest, der gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung verstoße. Der Fragebogen sei geprägt vom Misstrauen gegen Menschen, die nach Deutschland kämen. Bei der Einbürgerung müssten bestimmte Kriterien erfüllt sein, deswegen gebe es auch die Anfrage beim Verfassungsschutz.
Der Grünen-Abgeordnete Josef Philip Winkler warf Rech vor, alle Muslime unter den Generalverdacht einer verfassungsfeindlichen Gesinnung zu stellen. Verfassungsfeinde dürften nicht eingebürgert werden. Der Test sei für eine Überprüfung aber kein geeignetes Instrument. Fragen etwa nach der Intimsphäre stünden dem Staat nicht zu.

Artikel vom 20.01.2006