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Den Beizvorgang
revolutioniert

Modersohn investiert in die Zukunft

Von Kerstin Sewöster
Spenge (WB). Es sieht aus wie eine kleine Waschstraße für Autos, funktioniert wie eine große Spülmaschine - und revolutioniert den Beizvorgang in der Edelstahlbearbeitung. Die Wilhelm Moder-sohn GmbH & Co. KG aus Spenge im Kreis Herford hat nach eigenen Angaben 200 000 Euro in die Zukunft investiert.

Firmenchef Wilhelm Modersohn jr. rechnet damit, dass sich die Anlage, von der sich bislang nur ein Prototyp in Süddeutschland befindet, bald amortisiert hat. In der neuen Beizanlage, eine von drei größeren Investitionen des vergangenen Jahres, sieht der 42-jährige Geschäftsführer einen wichtigen Schritt zur Festigung der Firmenphilosophie: Modersohn ist der Supermarkt im Bereich Edelstahl.
Der Erfolg gibt dem Mittelständler recht. Während der harte Konkurrenzkampf die Branche drückt, steigerte das 1970 gegründete Unternehmen den Umsatz im vergangenen Jahr um 6,5 Prozent. »Vorwiegend mit Projekten im Ausland«, ergänzt Modersohn, der das Unternehmen in zweiter Generation führt. So befinden sich die veredelten Befestigungselemente zum Beispiel im nigerianischen Parlament.
Auch ein Vorab-Auftrag für die Moskauer Metro wurde abgewickelt: Die Edelstahl-Griffe für die Servicetüren der Untergrundbahn seien bei den Auftraggebern gut angekommen, berichtet Modersohn. »Wir arbeiten bewusst mit Unternehmen zusammen, die im Ausland aktiv sind«, erklärt der Chef. Für Aufsehen sorgte jedoch auch der Spenger Beitrag für die Kuppel der Frauenkirche in Dresden.
Das Erfolgsrezept des Unternehmens, für das 60 Mitarbeiter schaffen: Statt sich auf eine einzelne Dienstleistung zu spezialisieren wie die Mitbewerber, sieht sich Modersohn als Allrounder beim Thema Edelstahl. »In NRW haben wir die größte Ansammlung von Laseranlagen, in OWL gibt es eine große Konzentration von Schneideanlagen - die Unternehmen machen sich gegenseitig einen enormen Preisdruck.«
Der Juniorchef setzt dagegen auf das Komplettpaket: »Das kriegst du auch bei Modersohn«, soll die Maxime heißen. Seit der Juniorchef vor fünf Jahren in die Geschäftsführung einstieg, wurde jedes Jahr ein Motto ausgerufen und umgesetzt. Einmal ging es um die Kompetenzerweiterung und Schulung der Mitarbeiter, in 2006 will Modersohn die Organisationsabläufe innerhalb des Unternehmens optimieren, auch den Lagerbereich. Dazu sollen etwa 3500 Quadratmeter zusätzliches Firmengelände erworben werden.
Das vergangene Jahr stand unter dem Zeichen der verbesserten Oberflächenbehandlung. Eine Schneideanlage, eine Glasperlenstrahlanlage und eine Beizanlage wurden angeschafft. Auf letztere ist Modersohn besonders stolz.
»Mit der Anlage haben wir in unsere Mitarbeiter und den Umweltschutz investiert«, ist Wilhelm Moder-sohn von der neuen Technik überzeugt, die große Tauchbäder für Edelstahlteile überflüssig macht.
Statt die Edelstahlteile in riesige Becken einzutauchen, fährt ein Mitarbeiter sie auf einem Gestell in die Anlage, wo sie zunächst entfettet und anschließend mit Beize berieselt werden - wie das Geschirr in der Spülmaschine. »Wegen dieser Berieselung können wir mit einer viel schwächer konzentrierten Beize arbeiten«, betont Modersohn. Der ganze Vorgang wird elektronisch gesteuert. Ausgeschlossen werden kann damit zudem, dass das Metall zu lange der Beizflüssigkeit ausgesetzt wird und verdirbt.
Auch die Vorbehandlung des Metalls, bei dem die Oberfläche gereinigt und entfettet wird, erfolgt in der neuen Anlage. Sämtliche Flüssigkeiten werden aufgefangen und gereinigt, und darin liegt laut Modersohn ein weiterer wichtiger Vorteil der Investition.
Musste früher die Beize in regelmäßigen Abständen komplett ausgetauscht werden, wird heute die Lösung aufgefangen, gereinigt und mit Hilfe modernster Technik wieder angereichert, damit die Konzentration stimmt.
»Früher mussten wir die Beize flüssig in speziellen Tanks und sehr teuer entsorgen«, erklärt Modersohn. Heute werde das Spülwasser nach der Reinigung aufgefangen und durch ein spezielles Filtersystem gepresst. Zurück bleibe leicht zu transportierender, zu flachen »Schlammkuchen« gepresster Sondermüll. Das Arbeiten mit der Beize sowie die Entsorgung sei somit auch für die Mitarbeiter viel sicherer geworden, wie Modersohn betont.

Artikel vom 28.01.2006