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Jugend bleibt Praktika fern

Jeder zweite Einstiegsqualifizierungsplatz in Ostwestfalen unbesetzt

Von Dirk Schröder
Bielefeld (WB). Jeder zweite Praktikumsplatz in Ostwestfalen-Lippe ist unbesetzt geblieben. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) in Bielefeld zeigte sich am Freitag enttäuscht über das geringe Interesse der Jugendlichen an diesen »Einstiegsqualifizierungsstellen«, die einen Start ins Berufsleben ermöglichen sollen.

Gemeinsam mit den Berufsberatern der Agentur für Arbeit sowie den Ausbildungsberatern der Handwerkskammer hatte die IHK allen 1770 Jugendlichen, die am 30. September noch keinen Ausbildungsplatz hatten, gemeinsame Nachvermittlungstermine angeboten. IHK-Geschäftsführer Swen Binner: »Dieses gemeinsame Gesprächsangebot wurde allerdings nur von 850 Jugendlichen in Ostwestfalen angenommen.«
In den Gesprächen wurden den Jugendlichen konkrete Angebote für Ausbildungsplätze, berufsvorbereitende Maßnahmen oder Einstiegsqualifizierungspraktika gemacht. Die Einstiegsqualifizierung ist ein Betriebspraktikum, in dem Teile eines anerkannten Ausbildungsberufes erlernt werden. Mehrere bundeseinheitlich abgestimmte Qualifizierungsbausteine werden kombiniert, die aus dem entsprechenden Ausbildungsberuf abgeleitet sind. Die Jugendlichen bekommen für die Praktika eine monatliche Vergütung von 192 Euro, die Betriebe eine Gesamtsozialversicherungspauschale von 102 Euro, teilte die IHK mit.
Nach Angaben von Elmar M. Barella, Geschäftsführer der Handwerkskammer in Bielefeld, gibt es bereits mehr als 120 Qualifizierungsbausteine aus 21 der beliebtesten Ausbildungsberufe, darunter Friseure, Kfz-Mechatroniker oder Bäcker.
IHK-Geschäftsführer Binner weist darauf hin, dass im vergangenen Jahr die Zahl der bei der IHK Ostwestfalen neu eingetragenen Ausbildungsverträge aufgrund der allgemeinen Probleme am Arbeitsmarkt um 1,5 Prozent auf 6494 zurückgegangen sei. Deshalb habe man sich mit Erfolg um zusätzliche Praktika bemüht. Die Zahl der Angebote konnte von 380 im Jahr 2004 auf 658 in 2005 um mehr als zwei Drittel erhöht werden. Binner: Leider wurden aber nur gut 300 Plätze nachgefragt und besetzt.«
Unverständlich für Binner, sieht er doch in diesen Maßnahmen eine gute Brücke in eine sich anschließende duale Ausbildung. »Die Mädchen und Jungen haben es selbst in der Hand, durch persönliches Engagement in den Praktika die Chance auf eine Ausbildungsstelle im Betrieb zu verbessern. Im vorigen Jahr wurden fast zwei Drittel der Jugendlichen aus EQ-Maßnahmen in eine Ausbildung übernommen.«
Ähnlich sieht es die Handwerkskammer. Anfangs hätten viele über die »Schmalspurausbildung« die Nase gerümpft. Barella: »Für Schulabgänger mit schwachen Noten ist die EQ eine gute Chance, im Betrieb das Rüstzeug für den Start in eine vollwertige Ausbildung zu erlangen.« Der Wechsel von der Einstiegsqulifizierung in eine reguläre Ausbildung könne jederzeit erfolgen.
Die betriebliche Akzeptanz sei sehr hoch. Umfragen in NRW zufolge bewerten 97 Prozent der Betriebe die Einstiegsqualifizierung positiv.
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Artikel vom 21.01.2006