28.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Allein mit
vier Kindern

Susanne Wyrwal aus Werther

Von Dunja Henkenjohann
Werther (WB). Das tiefe Loch ist inzwischen Vergangenheit. Nur noch selten gibt es die Sekunden, die Minuten, in denen sich Susanne Wyrwal einsam fühlt. Würde sie in der anonymen Großstadt leben, sagt die allein erziehende Mutter von vier Kindern, hätte sie die Trennung von ihrem Mann nicht so gut überstanden.

Doch in Häger, einem Ortsteil von Werther, waren alle für die 38-Jährige da: Familie, Freunde und die Kirchengemeinde. »Ohne sie alle hätte ich es nicht geschafft«, sagt sie.
»Mir geht es gut«, sagt Susanne Wyrwal und findet, dass es gar nicht so außergewöhnlich ist, dass sie allein erziehende Mutter von vier Kindern ist. »Ob zwei oder vier - meine Kinder sind so selbständig, da merkt man den Unterschied gar nicht«, erklärt die 38-Jährige.
Doch es war nicht immer so einfach. »Ich habe eineinhalb Jahre gebraucht, um mich zu der Entscheidung durchzuringen, mich von meinem Mann zu trennen«, erzählt die Mutter von Bianca (16), Jessica (13), Kevin (10) und Laura (5). Damals sei sie in ein tiefes Loch gefallen. »Doch ich musste stark sein, ich musste doch für meine Kinder da sein«, erzählt die Wertheranerin, die als Küsterin in der Evangelischen Kirchengemeinde arbeitet.
Eigentlich habe sich für sie nach der Trennung nicht viel geändert, sagt Susanne Wyrwal. Haushalt, Kindererziehung - das sei schon immer ihre Aufgabe gewesen. Ihr Mann sei viel unterwegs gewesen, so die gelernte Verwaltungsfachangestellte.
Und doch - je mehr sie darüber nachdenkt, wird ihr klar: »Der Mann im Haus fehlt vor allem Kevin. Zuhause nur Frauen, in der Schule die Lehrerinnen. Eine männliche Bezugsperson, das wäre schon schön.« Doch die berühmte Glühbirne, die kann Susanne Wyrwal noch selbst auswechseln.
Und wenn nicht, dann helfen Familie und Freunde. Die allein Erziehende arbeitet seit vielen Jahren als Küsterin, lebt in einer Betriebswohnung im Gemeindehaus. »Hier kann ich mir meine Arbeitszeiten selbst einteilen. Hauptsache, es wird gemacht«, ist Susanne Wyrwal glücklich über ihren 15- Stunden-Job und über die Tatsache, dass die Kirchengemeinde sie vor sechs Jahren trotz ihrer Schwangerschaft eingestellt hat. »Eine andere Stelle, das wäre schon schwierig«, erklärt die vierfache Mutter. »Für mich ist mein Arbeitsplatz im Haus, das ist optimal.«
Auch mal an sich zu denken, das habe sie erst lernen müssen, erzählt die 38-Jährige. »In der Mutter-Kind-Kur im Jahre 2004 hat man mir beigebracht, wie wichtig es ist, sich auch mal Zeit für sich zu nehmen.« Schon ein kurzer Spaziergang könne wahre Wunder wirken. Ab und zu mal allein weggehen - auch das musste Susanne Wyrwal erst wieder lernen. »Das war am Anfang ein echter Kampf mit den Kindern«, erzählt sie. Vor allem die mittlere Tochter habe große Verlustängste gehabt.
Dass sie allein erziehend ist, sei ihr erst zu richtig bewusst geworden, als Laura in den Kindergarten sollte. »Sie hatte als Dreijährige einen Platz sicher, weil ich allein war«, erinnert sich Susanne Wyrwal. Ansonsten werde die Situation allein erziehender Mutter in der Gesellschaft schon fast als selbstverständlich hingenommen. »Allein erziehende Väter, die werden bewundert. Dabei haben wir es genauso schwer wie sie«, sagt Susanne Wyrwal. »Wir können den Alltag nur besser organisieren, weil wir mehrere Dinge gleichzeitig machen können.«

Artikel vom 28.01.2006