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Sich für die Schwächsten stark gemacht

Kinderschützerin Elvira Kramer aus Gütersloh ist mit 68 Jahren immer noch voller Tatendrang

Von Ernst-Wilhelm Pape
Gütersloh (WB). Die Worte des Schriftstellers Khalil Gibran (1883 bis 1931) - ein Libanese und Christ, der die meiste Zeit in den USA lebte -Êaus seinem Buch »Der Prophet« wählte Elvira Kramer (68) als Vorwort für die Schrift »40 Jahre Deutschen Kinderschutzbund, Kreisverband Gütersloh«. Im nächsten Jahr feiert der DKSB sein 50-jähriges Bestehen. Und bis dahin wird Elvira Kramer weiterhin Vorsitzende sein.

Erst mit 70 wird sie den Vorsitz in jüngere Hände legen. Bis dahin wird sie weiter tatkräftig für den Kinderschutzbund, die Lobby für Kinder, arbeiten.
Elvira Kramer hat ständig neue Ideen und will in diesem Jahr mit Unterstützung der Stadtstiftung Gütersloh einen Sprachkursus für Aussiedlerfrauen anbieten, deren Kinder in der Spielstube des DKSB, dem wohl kleinsten Kindergarten im Kreis Gütersloh, betreut werden. Ferner ist eine Ferienbetreuung für Grundschüler geplant.
Die 68-Jährige gehört zu den Menschen, die einen großen Teil ihres Lebens dem Gemeinwohl widmen. Sie hat die Entwicklung des Kinderschutzbundes im Kreis Gütersloh viele Jahre geprägt und zwar von der Schulaufgabenhilfe, den Krabbelgruppen, dem Kleiderladen über ein Gruppenangebot für Scheidungskinder, einen Babysitterdienst bis hin zur Einführung der Elternschule »Starke Kinder - Starke Eltern«.
Einen Namen machte sich Elvira Kramer, die auch im Jugendwohlfahrtsausschuss der Stadt Gütersloh und im Landesverband des DKSB tätig war, im Jahr 1989 mit der Spielstube für Aussiedlerkinder. Sie prägte den Begriff »Integrative Eingliederungshilfe« und füllte ihn mit Leben. Kinder von Aussiedlern und Kinder heimischer Bürger wachsen hier gemeinsam auf, was sich besonders positiv für die aus dem östlichen Sprachraum stammenden Kleinen auswirkt, deren Familien die deutsche Sprache viele Jahre verboten war.
Und immer wieder gibt es Anerkennung, dass in der Spielstube keine Leerformeln von der sogenannten Kinderfreundlichkeit gedroschen werden. Sprache sei der Schlüssel für den Einstieg in die Gesellschaft und entsprechende Kenntnisse würden in der Spielstube spielerisch vermittelt. Und: Es brauche nicht immer der teuerste Standard beim Bau eines Kindergartens angewandt werden, erzieherisch erfolgreiche Hinwendung zu Kindern lasse sich auch unter schlichten Rahmenbedingungen verwirklichen.
Elvira Kramer hat 22 Jahre, zunächst an der Basis und später als Vorsitzende, die Erfolgsstory des Kinderschutzbundes im Kreis Gütersloh entscheidend beeinflusst. Sie hat sich mit der Unterstützung vieler Helferinnen und Helfer in dieser Zeit mit nie erlahmender Kraft für die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft stark gemacht.
Elvira Kramer ist mittlerweile über den Kreis Gütersloh hinaus zu einer Institution geworden, wenn es um die Arbeit der Kinderschützer geht, obwohl oder gerade weil, wie sie selbst sagt, die Anfangsjahre nach ihrer Wahl zur ersten Vorsitzenden im Februar 1984 »total stümperhaft waren«.
Die engagierte Frau, die selbst sechs Kinder groß gezogen hat und längst Oma ist, war aber nie eine Vorzeigefrau für den Kinderschutzbund. Sie hält es mit den Worten des Pädagogen und Begründers einer allgemeinen Bildung für alle Menschen, Heinrich Pestalozzi (1764 bis 1827): »Man muss das Elend nicht mit dem Maul, sondern mit den Händen packen«.
Im November 2005 wurde Elvira Kramer mit dem Preis der Stadtstiftung Gütersloh für beispielhaftes Bürgerengagement ausgezeichnet. Der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende des DKSB, Dieter Greese, betonte in seiner Laudatio, dass für beispielhaftes Bürgerengagement nicht höhere Bildung, akademische Titel oder öffentliches Rampenlicht Voraussetzungen seien. Auf tausend Menschen, die bereit seien, etwas Großes zu tun komme einer, der bereit sei, etwas Kleines zu tun. Es sei besser, immer wieder das Kleine zu bewältigen, als frustriert auf eine meistens gar nicht erreichbare große Gelegenheit zu warten, appellierte Greese an die Bürger. Denn: Am Ende werde das Kleine zu etwas Großen, wie bei Elvira Kramer. Die Kinderschützerin habe viele überflügelt, die ihr durch Bildungsstatus und akademische Titel weit voraus schienen.
Elvira Kramer, so Dieter Greese, verfüge über eine besondere Professionalität einer idealen Mischung aus pädagogischen wie organisationstechnischen Kompetenzen. Die Institution DKSB im Kreis Gütersloh sei daher stetig gewachsen und habe eine unverwechselbare Gestalt angenommen. Ein arabisches Sprichwort sage: »Kinder sind die Flügel des Menschen.« Elvira Kramer beweise, wie weit diese Flügel einen ursprünglich im Wesentlichen als Hausfrau und Mutter angetretenen Menschen tragen könne. Dieter Greeses Wunsch an Elvira Kramer: »Flieg weiter, solange die Flügel Dich tragen.«

Artikel vom 28.01.2006