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Menschen in
unserer Stadt
Anna Klegrewe
Rentnerin

»Ich habe schon immer zu den Menschen gehört, die nur schlecht ÝNeinÜ sagen können«, berichtet Anna Klegrewe. Ihre Hilfsbereitschaft brachte der Bielefelderin, die seit 42 Jahren in Sennestadt lebt, jedoch nicht immer nur positive Erlebnisse ein. »Mancher hat mich im Laufe meines Lebens ausgenutzt«, erinnert sie sich. Bereut hat sie 72-Jährige trotzdem nichts. Von klein auf engagierte sie sich in vielen Bereichen, führt auch heute als Rentnerin ein Leben im permanenten Unruhestand.
Passend zu ihrer Mentalität wollte Klegrewe in jungen Jahren Kinderkrankenschwester im Klösterchen werden. Da das Geld für eine solche Ausbildung jedoch fehlte, musste sie als Verkäuferin arbeiten. Ein anderer Wunsch erfüllte sich dagegen fast. »Ich wollte immer eine große Familie mit sechs Kindern haben.« Es wurden letztlich vier: Mario, André, Oliver und Simone, zu denen sich mittlerweile acht Enkelkinder gesellen.
»Mein Leben ist eine Bergwanderung gewesen. Auf Höhen folgten teilweise tiefe Täler«, erzählt die Rentnerin. Ein entscheidender Einschnitt: der frühe Tod ihres Sohnes Oliver, der unter Drogenabhängigkeit litt und wegen Besitzes von Rauschgift auch kurzzeitig im Gefängnis saß. »Er hat mich damals gebeten, mit der Strafgefangenen-Betreuung anzufangen, weil er die schlimmen Zustände dort selbst erlebt hat.«
Mittlerweile sind daraus fast 15 Einzelbetreuungen in verschiedenen Gefängnissen geworden. »Zwei von ihnen haben die Kurve gekriegt und leben heute glücklich im Kreise der eigenen Familie.« . Ein ehemaliger Häftling habe ihr sogar gesagt: »Was ich von meiner Mutter gebraucht hätte, habe ich von dir bekommen.« Ein Kompliment, das für viele andere Enttäuschungen entschädigt. Zusätzlich leitete die 72-Jährige lange Jahre eine Freizeitgruppe mit zehn Häftlingen, engagierte sich mit Vortägen an Schulen im Kampf gegen Drogen. »Ohne meinen Mann und den Glauben an Gott hätte ich das nicht geschafft«, sagt Klegrewe, die sich als bekennende Christin jeden Tag zumindest zehn Minuten Zeit für die Bibel nimmt. Derzeit versucht sie, m it ihren vielen Aktivitäten etwas kürzer zu treten. Aber mit dem Weltgebetstag der Frauen im März wartet schon die nächste Aufgabe. Peter Monke

Artikel vom 19.01.2006