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Nichts ging
mehr in Tokio

Börsenhandel zeitweise ausgesetzt

Tokio (dpa). Dramatische Kursstürze an der Börse in Tokio: Nach massiven Aktienverkäufen im Zuge eines Skandals um die junge Internetfirma Livedoor musste erstmals in der 56-jährigen Geschichte der Börse der gesamte Aktienhandel vor Ablauf der regulären Handelszeit abgebrochen werden.

Grund waren unzureichende Computerkapazitäten. Investoren und Experten sprachen von einer Schande für den zweitgrößten Börsenplatz der Welt. Die Börsenleitung hätte die Kapazitäten längst aufstocken sollen, da eine rasante Zunahme von individuellen Investoren zu erwarten gewesen sei. Der Nikkei-Index war zwischenzeitlich um fast 750 Punkte in den Keller geschossen.
Am Ende des um 20 Minuten verkürzten Handels notierte das Kursbarometer für 225 führende Werte einen Verlust von 464,77 Punkten oder 2,94 Prozent bei 15 341,18 Punkten. Auslöser für die schweren Kurseinbrüche war der Wirbel um die Internetfirma Livedoor und ihren jungen Präsidenten Takafumi Horie, die ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten sind. Hinzu kamen die enttäuschenden Bilanzzahlen des US- Chipkonzerns Intel sowie des US-Internet-Portals Yahoo Inc.
Gestern berichteten Medien, dass die Ermittler bei Livedoor nicht nur dem Verdacht der Kursmanipulation nachgehen, sondern auch der Bilanzfälschung. Demnach soll Livedoor illegalerweise einen Gewinn für die Mutter im Geschäftsjahr 2004 von 10 Millionen Euro ausgewiesen haben, obwohl die Firma tatsächlich tief in den roten Zahlen gesteckt habe.
Daraufhin setzte die Börse den Handel mit Livedoor-Aktien vor Handelsbeginn aus. Zwar wurden die Transaktionen am frühen Nachmittag wieder aufgenommen, doch gerieten Livedoor-Papiere erneut unter heftigen Abgabedruck. Der »Livedoor-Schock« setzte nicht nur andere junge Firmen unter Druck, sondern riss auch die erste Sektion der Tokioter Aktienbörse in einen rasanten Abwärtssog. Auch andere Internet-Firmen wie Softbank und Yahoo Japan standen unter Verkaufsdruck. Die Zahl der Transaktionen erreichte schließlich die Marke von etwa vier Millionen und stieß damit an die Grenze der Kapazität des Börsen-Computersystems von 4,5 Millionen. Investoren reagierten aufgebracht, als die Börsenleitung daraufhin den gesamten Handel abbrach.

Artikel vom 19.01.2006