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Rente: Minusrunde bannen

Müntefering kündigt Initiative an - Änderungen bei Hartz IV

Berlin (Reuters). Die Bundesregierung will per Gesetzesänderung eine Kürzung der Renten in diesem Jahr verhindern. Das Gesetz werde kurzfristig auf den Weg gebracht, kündigte Arbeitsminister Franz Müntefering gestern im Arbeits- und Sozialausschuss des Bundestages an.

Er wolle damit bei der zum 1. Juli anstehenden Rentenanpassung »jede Gefahr einer Minusrunde bannen«, erklärte der SPD-Politiker. Die eigentlich erforderlichen Rentenabschläge müssten aber später nachgeholt werden, wenn bei der Rentenanpassung entsprechende Spielräume bestünden. »Diese Nachholung wird aber nicht vor 2010 erfolgen«, erklärte Müntefering.
Die Sicherungsklausel, die 2005 eine Kürzung der Altersbezüge für die 20 Millionen Rentner verhindert hat, greift nur, wenn eine Kürzung auf Grund des so genannten Nachhaltigkeitsfaktors oder des Riester-Faktors erforderlich wäre. Mit diesen Faktoren werden die zunehmende Alterung der Gesellschaft und die private Altersvorsorge berücksichtigt. Wenn allerdings die Bruttolöhne sinken, an deren Entwicklung die Rentenanpassung gekoppelt ist, wäre nach geltender Gesetzeslage eine Kürzung unvermeidbar.
Müntefering kündigte an, dass Nachbesserungen an der Hartz-IV-Reform zum 1. April in Kraft treten sollen. Wie in der Koalition vereinbart, sollen Eltern von unter 25-jährigen Arbeitslosen dann wieder stärker zum Unterhalt ihrer Kinder herangezogen werden. Zudem soll die Möglichkeit eingeschränkt werden, dass unter 25-jährige Arbeitslose mit staatlicher Unterstützung bei den Eltern ausziehen und eine eigene Wohnung beziehen.
Auch die Absenkung des Rentenversicherungsbeitrages für Bezieher des Arbeitslosengeldes II von 78 auf 40 Euro solle zum 1. April gesetzlich verankert werden, aber erst zum 1. Januar 2007 in Kraft treten.
Der Minister bekräftigte die Vereinbarung der großen Koalition, dass der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung 2007 von 6,5 auf 4,5 Prozent gesenkt werde. Gleichzeitig werde der Rentenbeitragssatz von 19,5 auf 19,9 angehoben. Im Jahr 2007 in Kraft treten solle auch die geplante Gesetzesregelung, mit der von 2012 an das gesetzliche Renteneintrittsalter schrittweise und langfristig von 65 auf 67 Jahre angehoben werden solle.
Die abschlagsfreie Rente erst mit 67 Jahren werde möglicherweise früher eingeführt als geplant. In der Koalition sei vereinbart, dass dies bis spätestens 2035 geschehen werde. »Das schließt aber nicht aus, dass wir dieses Ziel auch früher erreichen wollen als 2035«, erklärte Müntefering.
Auf die Rentenkasse rollt auch eine riesige Welle neuer Rentner zu. Spätestens 2016 gehen die ersten »Babyboomer« in Pension, Frauen und Männer im Alter von heute 35 bis 55 Jahren. Doch dann wird Deutschland nicht genügend junge Menschen haben, die mit ihrem Einkommen die gigantischen Rentenbeiträge erwirtschaften können. »Schon bis heute haben viele Millionen Versicherte Ansprüche im Gesamtwert von 4000 Milliarden Euro gegen die Rentenkasse erworben«, schätzt Meinhard Miegel vom Institut für Wirtschaft und Gesellschaft.
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Artikel vom 19.01.2006