19.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Sportler will Millionen
für verpfuschtes Knie

Ärzte ließen Infektion zwölf Tage lang unbehandelt

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Mindestens 1,5 Millionen Euro Schadensersatz erhofft sich Stavros Labidis (30), ein ehemaliger Spielmacher der A-Jugend beim DSC Arminia Bielefeld.

Der Sport-Invalide hat die Städtischen Kliniken Bielefeld verklagt: »Die haben mir mein Knie verpfuscht«, sagt er. Am 7. Mai wird eine Zivilkammer des Bielefelder Landgerichtes den Fall voraussichtlich entscheiden.
Es geschah 1993 bei einem Auswärtsspiel in Siegen. Ein gegnerischer Spieler trat dem Griechen von hinten in die Beine - Kreuzband- und Außenmeniskusriss am linken Knie. Labidis wurde in Bielefeld operiert. »Der Eingriff war in Ordnung, doch die Ärzte bemerkten nicht, dass sich das Knie nach der OP entzündet hatte«, sagt der auf Arzthaftungsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Peter Gellner aus Verl (Kreis Gütersloh). Zwölf Tage lang sei die Infektion unbehandelt geblieben: »Anschließend war das Knie steif, und die Hüfte schmerzt seitdem. Damit war die Karriere meines Mandanten zu Ende, bevor sie richtig begonnen hatte.«
Dass damals tatsächlich ein ärztlicher Behandlungsfehler vorgelegen hat, ist inzwischen unbestritten: Die Gutachterkommision der Ärztekammer Westfalen-Lippe hat bestätigt, dass die Versorgung der Entzündung fehlerhaft gewesen ist. Daraufhin hatte das städtische Krankenhaus dem früheren Sportler außergerichtlich bereits ein Schmerzensgeld von 82 500 Mark gezahlt.
Doch Stavros Labidis will auch für die geplatzte Karriere entschädigt werden. Einen Etappensieg errang er am Dienstag, als vor Gericht sowohl der Orthopäde Dr. Thomas Hess vom Dreifaltigkeits-Hospital Lippstadt als auch der vom Kläger beauftragte »Orthopädie-Papst« Prof. Dr. Jörg Jerosch aus Neuss den Behandlungsfehler als »grob« einstuften. Anwalt Gellner: »Damit liegt die Beweislast jetzt beim Krankenhaus. Die Klinik muss nachweisen, dass Stavros Labidis auch ohne den Behandlungsfehler keine Karriere als Fußballspieler gemacht hätte - und das wird nicht gelingen.«
Nach Einschätzung des Rechtsanwaltes hätte es der A-Jugendspieler bis in die Bundesliga schaffen können: »Fachleute haben ihn mit Lars Ricken verglichen, und der ist 16 Mal als Nationalspieler eingesetzt worden.« Dagegen bewertete der vom Gericht als Zeuge geladene frühere Arminia-Trainer Ingo Peter den Griechen als »Talent, das in der Oberliga hätte spielen können«.
Die Zivilkammer ließ am Dienstag noch offen, wie sie die damaligen fußballerischen Qualitäten des Mannes bewertet. In der Regionalliga hätte Stavros Labidis bis zum 35. Lebensjahr etwa 850 000 Euro verdienen können, in der Bundesliga Millionen. »Möglicherweise unterbreitet uns das Gericht ja auch einen Vergleichsvorschlag«, sagte der Anwalt gestern und nannte die Summe von 1,5 Millionen Euro als Untergrenze: »Schließlich kann mein Mandant wegen seiner Beschwerden auch seinen Beruf als Konstruktionsmechaniker nicht mehr ausüben.«

Artikel vom 19.01.2006