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Der Torwart-Tausch

SCP 07: Starke spielt - Kruse muss auf die Bank

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). Nach dem Schlusspfiff marschierte Lukas Kruse direkt in die Kabine. Wortlos und tief gefrustet. Denn der 22-Jährige hatte die 90 Minuten zuvor auf der Bank verbracht. Tom Starke heißt seit Sonntag der neue Stammkeeper des Fußball-Zweitligisten SC Paderborn 07.

»Er bringt die Präsenz mit, hat die Größe, die Ausstrahlung und hat sich absolut eine Chance verdient«, begründete Trainer Jos Luhukay den Schritt, Lukas Kruse nach 13 Pflichtspielen in Folge aus dem Tor zu nehmen und ihn durch den Neuzugang aus Leverkusen zu ersetzen. »Tom muss zeigen, dass er in den kommenden Monaten ein guter Torwart für Paderborn ist. Wenn ich ihn auf die Bank setze, weiß ich das nicht. Bei Lukas weiß ich dagegen, was er in den vergangenen Monaten geleistet hat«, betonte der Holländer.
Am Samstagabend hatte der 42-jährige Chefcoach die beiden Keeper in Einzelgesprächen von seinem Torwart-Tausch unterrichtet. Eine Personalie, die zumindest Starke nicht überraschte: »Der Anspruch an mich selbst war, dass ich hier spielen will. Ich habe im Training Gas gegeben und wenn ich dabei den Trainer überzeugt habe, bin ich sehr froh darüber.«
Die Fans quittierten die Entscheidung des Trainers zunächst mit »Lukas Kruse-Rufen«, für die die neue Nummer 1 aber Verständnis hat: »Lukas hat hier eine solide Hinrunde gespielt und kommt aus dem Verein. Solange keiner ruft, 'Starke raus', ist das alles durchaus legitim. Ich muss mir die Sympathien noch hart erarbeiten.«
Der gebürtige Dresdner hatte bei seinem Debüt 28 Ballkontakte, von zwölf weiten Abschlägen landeten 50 Prozent beim Gegner, ernsthaft eingreifen musste der Schlussmann nur zweimal, beim Gegentor war er machtlos. Seine beste Tat zeigte Starke eine Minute vor der Halbzeit, als er einen Schuss von Patrick Ghigani entschärfte, nach der Pause parierte Paderborns neuer Riese (1,94 Meter) im Tor einen von Robert Lechleiter (49.) getretenen Ball im Nachfassen. Ein befriedigender Einstand, auch wenn das Ausgleichstor, wie es Starke selbst beschrieb, ein »Eierding« war. »Den Ball wollte der Ghigani gar nicht so treffen, dann geht das Ding noch gegen Bolles Knie und wird abgefälscht«, beschreibt Starke den späten Ausgleich (87.) der Gäste, bei dem er selbst machtlos war.
Die Trainingsleistung und die Tatsache, dass Luhukay sehen will, was sein Neuer drauf hat, waren zwei Gründe für dessen Nominierung, ein Dritter war die vertragliche Situation. Während Starke in Paderborn einen Vertrag bis 30. Juni 2008 unterschrieben hat, zögern Kruse und auch Loboué noch mit ihrer Unterschrift. »Beide haben noch nicht verlängert, deshalb muss ich auch an den Verein denken«, sagt Luhukay.
Allerdings könnte es auch gut sein, dass der SC Paderborn 07 im Sommer gar keinen Torhüter mehr hat. Stephan Loboué wird in Kürze seinen Kontrakt beim SCP vorzeitig lösen, Lukas Kruse, angesichts der Versetzung in zweite Glied, am Saisonende gehen und bei Tom Starke hat Bayer Leverkusen noch ein Rückkholrecht. Pocht Luhukay sonst auf klare Verhältnisse, bleibt er da ungewohnt gelassen: »Was interessiert es mich, was in fünf Monaten ist. Entscheidend ist die momentane Situation.«

Artikel vom 23.01.2006