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Den mutigen Kreativen
gehört die Zukunft

Horx: Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwindet

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Der Blick in die Zukunft entscheidet darüber, ob ein Projekt mutig oder zaghaft angegangen wird. Es gibt gute Gründe, das Projekt Zukunft mutig anzugehen. Das meint einer, der es wissen sollte: Zukunftsforscher Matthias Horx.

Wir kennen sie, die »Kassandras« in Politik und Wirtschaft, die Unheilverkünder bei den Fernsehsendern und in den Redaktionsstuben. Was auch immer sie als Grund nennen, ihre Botschaft ist klar: »Es wird übel enden.« Damit fallen sie nach Ansicht des Wiener Zukunftsforschers Horx jenen in den Arm, die an einer besseren Zukunft arbeiten.
Bezug nehmend auf Francis Bacon (1561-1626) stellt Horx in dem aktuellen Buch »Wie wir leben werden -Êunsere Zukunft beginnt jetzt« (Verlag Campus, 24,90 Euro) fest: »Kassandra verrät uns, weil sie uns die Hoffnung nimmt.« Sie raubt den Aktiven den Mut zur Veränderung, ohne eine Alternative aufzubieten: »Sie weiß alles, sie kennt alles, aber daraus folgt keine Konsequenz.«
Horx selbst hält es da viel lieber mit dem Soziologen Sir Karl Popper (1902-1994): Der Mensch ist lernfähig und damit »prinzipiell zur Zukunft begabt«.
Mit dieser Einstellung macht Horx Mut, ja Lust auf die Zukunft. Dabei verschweigt er nicht die Notwendigkeit gravierender Veränderungen in der Arbeitswelt.
Zu den gravierenden Veränderungen gehört, dass es keine -Êoder fast keine -Ê»sicheren« Arbeitsplätze mehr geben wird. Nur noch ausnahmsweise werde jemand das Berufsleben bei dem Arbeitgeber beenden, bei dem er einst seine Erstausbildung absolviert hat. Zugleich wird die Kluft zwischen den Reichen und jenen, die sich gerade so »über Wasser« halten, noch größer. Doch, sagt Horx, die Gehaltshöhe ist künftig nicht mehr so entscheidend für das Ansehen in der Gesellschaft und im Freundeskreis. Vorbei sind die Zeiten, da der Malocher nur mit dem Malocher und der Geschäftsführer nur mit dem Geschäftsführer in die Kneipe beziehungsweise ins Restaurant ging.
Was künftig im Arbeitsleben zählt, ist Horx zufolge Kreativität. Und Erfahrung. Und soziale Kompetenz. Das Bild von einer Zukunft am Heimarbeitsplatz oder im entpersonalisierten Büro, in dem jeder statt über einen Schreibtisch nur über einen Rollcontainer verfügt, hätten sich im kreativen Bereich als nicht effizient erwiesen. Kreative Arbeit brauche den Dialog und den Meinungsaustausch mit anderen. Auch Produktionen liefen besser an Orten, die über eine »Seele« verfügten. Horx erwartet ein Comeback des schöpferischen Handwerksprozesses.
Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit seien im Schwinden. Was die Bezahlung betrifft, so wird sie größerem Maße erfolgsabhängig geregelt sein als heute: »Dass dies über kurz oder lang via Beteiligungsmodelle auch zu anderen Eigentumsverhältnissen führen wird, liegt auf der Hand.«

Artikel vom 28.01.2006