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Für Kapitän Kühnen
ist es ein »Traumtag«

Australian-Open-Rekordstart der deutschen Spieler

Melbourne (WB). Die deutschen Tennisprofis haben bei den Australian Open einen Rekord aufgestellt. Beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres stehen sieben deutsche Herren in der zweiten Runde. Das hat es in »down under« nicht einmal zu Zeiten von Boris Becker und Michael Stich gegeben.

Nur 1997 in Wimbledon gewannen ebenso viele Spieler des Deutschen Tennis Bundes (DTB) ihr Auftaktmatch. Damals gehörten Thomas Haas und Nicolas Kiefer bereits zum DTB-Aufgebot.
Die beiden Spitzenspieler bildeten gestern den Rahmen für einen »Traumtag«, wie Daviscup-Kapitän Patrik Kühnen das Weiterkommen aller fünf angetretenen Deutschen beschrieb.
Haas feierte zum Auftakt einen 6:2, 7:5, 6:2-Sieg über den an 14 gesetzten Franzosen Richard Gasquet. Kiefer sorgte für den glänzenden Schlusspunkt, als er trotz »brutaler Schmerzen« im verstauchten linken Knöchel ein verloren geglaubtes Match drehte und gegen den Thailänder Paradorn Srichaphan mit 6:7 (5:7), 4:6, 7:6 (7:5), 6:1, 6:2 gewann.
Nicht minder erfolgreich waren Florian Mayer (Bayreuth), Björn Phau (Weilerswist) und Anna-Lena Grönefeld, die dafür sorgte, dass neben den sieben Herren insgesamt auch drei deutsche Frauen weiter kamen (siehe »Grönefeld kämpft sich tapfer zurück«). Mayer hielt den Südkoreaner Hyung-Taik Lee mit 6:4, 6:1, 4:6, 6:4 in Schach und buchte das Traumduell mit Titelfavorit Roger Federer. Der Weltranglisten-91. Phau rang den Argentinier Carlos Berlocq mit 6:4, 7:6 (7:3), 2:6, 7:6 (7:4) nieder und bekommt es nun mit Luis Horna (Peru) zu tun.
Haas schraubte mit dem unerwarteten Dreisatzsieg im ersten Vergleich mit dem 19-jährigen Gasquet nicht nur die Erwartungen für die Daviscup-Begegnung gegen Frankreich in Halle (10. - 12. Februar) in die Höhe. Der 27-Jährige, der 1999 und 2002 in Melbourne im Halbfinale stand, schickte auch eine Kampfansage an die Konkurrenz: »Wenn ich so weiter mache, wird es schwer sein, mich zu schlagen.« Mit dem US-Amerikaner Paul Goldstein, der zuletzt vor zwölf Jahren bei einem Nachwuchs-Turnier auf Hawaii gegen Haas gewonnen hat, wartet eine lösbarer Aufgabe.
Danach sollten Olivier Rochus aus Belgien oder der Australier Peter Luczak ebenfalls kein Hindernis auf dem Weg ins Achtelfinale gegen Roger Federer sein. Der entledigte sich gewohnt überlegen seiner Aufgabe gegen Denis Istomin aus Usbekistan (6:2, 6:3, 6:2). Das nächste Opfer des seit 102 Wochen ununterbrochen an der Spitze der Weltrangliste rangierenden Schweizers soll Florian Mayer werden, gegen den er im vergangenen Jahr in Halle glatt gewonnen hat. »Aber ich lag im zweiten Satz zwei Mal mit einem Break vorn. Man muss locker bleiben gegen ihn und mutig spielen«, sagte Mayer.
Marathonmann Kiefer trieb seine Fans durch ein Wechselbad der Gefühle. Beim Stand von 6:7 (5:7), 4:6, 4:5 wehrte der 28-Jährige zwei Matchbälle ab. Danach spielte er wie im Rausch. Selbst der starke Schmerz in seinem Fuß und ein Punktabzug wegen schlechten Benehmens beim Stand von 4:0 im fünften Satz konnten ihn nicht stoppen. Nach 3:50 Stunden stand der schwer erkämpfte Sieg fest. Sein nächster Gegner ist der weithin unbekannte Serbe Boris Pashanski. »Ich versuche mich durchzukämpfen, aber bei einem normalen Turnier wäre ich sicherlich nicht angetreten«, sagte der lädierte Kiefer, der im vierten Satz Schmerztabletten schluckte.

Artikel vom 18.01.2006