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Von Rüdiger Kache

Paderborner
Perspektiven

Eigeninteresse vor Gemeinwohl


Zu Beginn der Woche hat SCP-Präsident Finke noch einmal kräftig ausgeteilt. Die gegen die paragon arena klagenden Anwohner von der Paderborner Straße waren die Zielscheibe seiner nicht zimperlichen Kritik. Doch etwas war diesmal anders als sonst: Fühlten sich bisher Politik oder Interessenvertreter bemüßigt, mit Stellungnahmen auf solche Vorwürfe zu reagieren, blieb diesmal alles ruhig. Fast schon verdächtig ruhig. Die Kritik von Finke, so berechtigt sie manchem Fußballfan auch erschien, kam indes zur Unzeit. Hatte doch Bürgermeister Heinz Paus nach dem von den Mandanten erzwungenen Rückzug ihres Vertrauten, Rechtsanwalt Loriz, den direkten Kontakt mit den Klägern gesucht und offensichtlich auch gefunden.
Gespräche im stillen Kämmerlein, ohne gleich jedes Wort an die große Glocke zu hängen, sind zurzeit das Mittel der Wahl in der Stadtverwaltung. Aber die Zeit drängt und die Ungeduld von Verein und Fans steigt rasant. Wollen die Kläger wirklich, wie inzwischen fast jeder glaubt, nur auf Zeit spielen und im Grunde das gesamte Projekt Stadion eigentlich nur kippen? Gibt es überhaupt einen Kompromiss in dieser Frage? Spielt Geld eine Rolle? Der Bürgermeister muss schon ein sehr optimistischer Mann sein, wenn er weiter auf Verhandlungen setzt, wo andere schon längst die Umsetzung einer Alternativplanung mit dem Bebauungsplan verkündet hätten. Vielleicht gibt es aber wirklich diese Signale der Kläger an den Ersten Bürger, der dringend greifbare Erfolge braucht, um weiter handlungsfähig zu sein. Wie sagte doch Wilfried Finke: »Wir sind es leid, uns wie Elefanten durch die Manege führen zu lassen.«
Doch was geschieht, wenn die drei klagenden Anlieger der Paderborner Straße den Rückzug antreten? Es gibt zwar die Alternativplanung mit Parkraum am Hoppenhof. Doch mehr als die bislang vom Verwaltungsgericht zugestandenen 6000 Zuschauer im Stadion dürften ohne die »große Lösung“« auch dabei nicht heraus kommen. Weniger als 15 000 Zuschauer aber sind auf Dauer unrentabel. Und die große Lösung heißt: Abfahrt von der B1, Ankauf der Grundstücke von Eigentümern, die sich vom Ex-Landrat Dr. Rudolf Wansleben juristisch vertreten lassen. Und der dürfte wenig Interesse haben, sich das Hoppenhof-Spielchen des Bürgermeisters auf Dauer anzuschauen. Will heißen: Rauchen die Paderborner-Straße-Anlieger die Friedenspfeife, könnten die von Wansleben vertretenen Kläger auf der anderen Seite das Kriegsbeil ausgraben.
Dass es durchaus Unterstützung für den »Plan B1« beim Landesstraßenbauamt und im Ministerium geben könnte, wurde bereits ausgetestet. Doch auch hier scheint das Zeitfenster nur noch einen kleinen Spalt weit offen zu stehen. Die Fußballweltmeisterschaft ist der Katalysator für schnelle Beschlüsse und Planungen. Doch rollt das runde Leder nach den Weltspielen der besten Fußballteams erst wieder ins Magazin, ist«s auch schon wieder vorbei mit der Fußballeuphorie. Und warum sollten Minister und Landesstraßenbauamt sich überhaupt für eine B1-Ausfahrt stark machen, wenn ihnen von der Stadt permanent andere, billigere Lösungen vorgegaukelt werden.
Wie sehr sich politische Kurzsichtigkeit rächen kann, ist am Beispiel von Elsen lehrbuchartig zu sehen: Da wurde der Investor Klingenthal vom Bauamt der Stadt und vom Rat so lange mit Störfeuer beschossen und mit immer neuen Kinkerlitzchen genervt, bis er sein Minipreis-Projekt mit großzügig angegliedertem (und vom Investor bezahlten!) Dorfplatz schließlich gekippt hat. Jetzt fordert die CDU, dass man zügig an die Realisierung eines Dorfplatzes für Elsen gehen sollte. . .
Nicht vergessen sollte man bei aller Sympathie für ein Stadthaus an der Bahnhofstraße/Florianstraße, dass es vor zehn Jahren bereits einen Investor gab, der dem alten Stadthaus neues Leben einhauchen und zudem mit dem »City Center« das gesamte Areal aufwerten wollte. Stattdessen wurden fadenscheinige Gründe zu Investitions-Bremsen aufgetürmt und weitere Millionen in die marode Bausubstanz am Abdinghof, insbesondere in die Fassade gesteckt. Heute müssten 50 Millionen ausgegeben werden. Das City-Center hätte die Stadt für einen Bruchteil dieser Summe bekommen können.
Manchmal erscheint es so, als ob investitionsbereite Unternehmer, die Geld für privat finanzierte Objekte in die Hand nehmen wollen, von der Politik ganz bewusst verprellt werden. Weitere Beispiele gefällig? Die Eishalle und die millionenschwere Planung eines Sport-Zentrums am Ahorn-Sportpark.
Vorbei sind die Zeiten, als Unternehmer vom Schlage eines Heinz Nixdorf bauten und zur Belohnung dafür von der Stadt die Baugenehmigung zur Eröffnung auf dem Silbertablett präsentiert bekamen. Vorbei auch die Zeiten, als Bürger noch stolz waren auf Verbesserungen und Vorzeigeprojekte in ihrer Stadt. Die private Ruhe hat Vorrang vor Gemeinwohl. Schade eigentlich!

Artikel vom 14.01.2006