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Arminen-Schmiede war
bei Profis willkommen

Behinderte Fußballfans zu Gast im DSC-Trainingslager

Von Dirk Schuster
und Stefan Hörttrich (Fotos)
Novo Sancti Petri (WB). Als Björn Obermöller am Fan- und Mannschaftsabend im Hotel Barrosa Park jedes Vorstandsmitglied umarmte und sich bedankte für die tolle Woche mit Arminia Bielefeld, wurde den Profis des Fußball-Bundesligisten bewusst: Wir müssen privilegiert sein, wenn wir behinderten Menschen mit unserer Arbeit so viel im Freude geben können.

Obermöller hat das Down Syndrom. Er ist einer von sechs Behinderten, die den DSC ins Trainingslager nach Andalusien begleiteten und dem Fanklub »Arminen-Schmiede« aus Bethel angehören. Berührungsängste gab es nicht, »wir haben im Vorfeld aber überlegt, ob wir so eine Reise wagen können«, gestand Friederike Gerdes von Knebel. Doch die Betreuerin hat Erfahrung in Organisation und Durchführung von Reisen mit Behinderten. Rund 35 Touren nimmt die Mitarbeiterin der Reise-Schmiede, der Reiseagentur innerhalb des inÊ Bethel ansässigen Freizeit- und Kulturzentrums NeueÊ Schmiede, pro Jahr in Angriff. Für Reinhard Bücker, Leiter der Neuen Schmiede, war es selbstverständlich, ebenfalls mit nach Südspanien zu fliegen: »Ich suche mir eine Reise im Jahr aus, um den Basiskontakt zu pflegen. Bei diesem Testlauf wollte ich gern dabei sein.«
Das Fazit der Beiden fiel positiv aus. »Das Arminia-Präsidium hat uns deutlich signalisiert, dass wir willkommen waren. Und auch mit den Spielern hat es nicht die geringste negative Erfahrung gegeben. Keiner unserer Schützlinge hat sich bei mir beschwert darüber, Spieler X oder Y sei blöd zu ihm gewesen«, lobte Reinhard Bücker den professionellen Umgang der Fußballprofis mit der auch für sie ungewohnten Situation.
Doch die Komplimente gaben die Kicker gern zurück. Arminias Profi Bernd Korzynietz, der sich für das ProjektÊ »Roter Keil« im Kampf gegen Kinderprostitution einsetzt, bezeichnete die Kooperation zwischen der Neuen Schmiede und seinem Verein als vorbildlich.
Gegründet wurde der Fanklub Arminen-Schmiede im Dezember 2004, dem Europäischen Jahr der Behinderten. Zu diesem Anlass fand in Bethel eine Projektwoche statt. Behinderte und Sport war ein zentrales Thema. »Die Behinderten brachten zum Ausdruck, dass sie gern einen richtigen Fan-Klub mit Mitgliederabenden, organisierten Stadionbesuchen und Treffen mit Spielern hätten«, sagt Reinhard Bücker. Dass der Idee sogar eine Reise ins Trainingslager folgen würde, war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Doch weil der Fan-Klub in Sturmgeschwindigkeit von 24 Gründungsmitgliedern auf heute 180 behinderte und nicht-behinderte Mitglieder anwuchs, spürten Bücker und Friederike Gerdes vonÊ Knebel schnell, auf dem richtigen Weg zu sein.
Mittlerweile wird im Klubraum der Neuen Schmiede an jedem Wochenende das Arminia-Spiel auf der Großleinwand gezeigt. Die 300 Plätze im Saal sind fast immer besetzt, es herrscht Stadionatmosphäre. Die enorme Bedeutung des Bundesligisten und der Übertragungen der Spiele speziell für die Behinderten hebt Reinhard Bücker hervor: »Wenn Leute den Saal in der Schmiede für eine Hochzeit am Samstag mieten wollen, sagen wir immer: Gern, aber das geht erst ab 17.15 Uhr.« Um diese Zeit werden in der Bundesliga die Spiele abgepfiffen.

Artikel vom 16.01.2006